Guido Cavalcanti

 

 

 

In Übertragungen von

Richard Zoozmann

 

 

 

Wer ists, die jeder anschaut mit Entzücken,

Wo sie sich zeigt, und die mit Glanz durchfächelt

Die Luft, daß Amor ihr zur Seite lächelt,

Und jeder seufzt, und ihm kein Wort will glücken?

 

Gott! wenn sie aufblickt, wie die Augen gleißen:

Nur Amors Worte sagtens, nicht die meinen!

So will sie mir der Demut Herrin scheinen,

Daß neben ihr „Verdruß“ die andern heißen.

 

Wer könnte ihre Anmut schildernd loben?

Ihr muß sich allen Adels Tugend neigen,

Die Schönheit will sie ihre Göttin nennen.

 

Nicht ward bisher der Geist uns so erhoben,

Noch mochte solches Heil uns niedersteigen,

Daß wir von Grund aus möchten sie erkennen!

 

 

 

 

An Dante Alighieri

 

Mir dünkt, du sahst auf deines Traumes Wegen

All das, was schön und gut, im reinsten Lichte,

Den Herrscher selbst, der thronend im Gerichte

Die Welt der Ehre lenkt zu Heil und Segen.

 

Er weilt ja dort, wo Schmerz und Pein sich legen,

daß sich ein ängstlich-frommes Herz beschwichte.

Er führts im Schlaf mit sanftem Angesichte

Hinan, doch ohne Schmerz uns zu erregen.

 

Auch dein Herz wollt er himmelaufwärts tragen –

Und eh der Tod sie in den Arm konnt schließen,

Gab er das Herz ihr, diesem zu entrinnen.

 

Als du erwachtest, weil es wollte tagen,

Sahst du ihn gehn – sahst seine Tränen fließen,

Weil ihn sein Widerspiel vertrieb von hinnen!

 

 

Mir scheint, daß dir erschienen aller Segen

Und was den Sinn als gut und rein beschwichte,

Als du den Mächtigen sahst im Traumgesichte,

Den Herrscher aller, die der Ehre pflegen.

 

Dort wo der Kummer stirbt, ist er zugegen

Und sitzt im frommen Busen zu Gerichte,

Raubend im Schlaf, daß alles sanft sich schlichte,

das Herz uns, ohne Schmerzen zu erregen.

 

So nahm er dein Herz auch, als er erkannt,

Daß deine Herrin ließ der Tod verzagen,

Und gab ihr dieses Herz, das Angst empfand.

 

Als du gesehen, daß er weinend schwand,

Da mußtest süßen Schlummers du entsagen,

Weil jetzt sein Widerspiel ihn überwand.

 

 

 

An Dante Alighieri

 

Ich komm, wie oft, wie oft, zu dir am Tage,

Doch gar zu niedrig find ich jetzt dein Denken;

Und deinen reichbegabten Geist sich senken

So tief zu sehn – das ists, was ich beklage.

 

Du pflegtest Leuten von gemeinem Schlage

Mit Abscheu früher aus dem Weg zu lenken;

Du wußtest liebe Worte mir zu schenken,

Die ich als Lieder im Gedächtnis trage.

 

Jetzt, wo du häßlich lebst, mag ich nicht zeigen,

Wie gern ich deinen Sang auch heut noch lauschte:

Ich bin, unsichtbar, stets bei dir zu finden.

 

Wird dieses Liedchens Sinn dir recht zu eigen,

So muß, was grell und widrig dich umrauschte,

Aus deiner kleingewordnen Seele schwinden!