Emile Verhaeren

 1855 - 1916 Belgien

 

 

 

 

 

In Übertragungen von

ZaunkoniG

 

 

 

 

 

Klosterskizzen

 

1

 

Ein kupferroter Nachmittag ruht schwer und träge;

Das Chorgestühl von alter Eiche dämpft das Licht

des Tages, welches feurig durch die Fenster bricht

um einen Sonnenteppich in den Chor zu legen.

 

Und all die Mönche gehen in den Fluren um,

die Kutten, und die Falten ihrer Ärmel gar

bewahren Haltung, wie die Felsen, steif und starr.

Barfüßig nehmen sie die weißen Stufen, stumm.

 

Man meint zu seh'n, wie sie sich sammeln, konzentrieren,

nur zögern um dann plötzlich Psalmen zu zitieren,

in einem Aufbruch tönend aus der Stille steigend

 

Doch sind die Schatten diesen Mauern zu vertraut;

Die Stunden schreiten durch das Kloster ohne Laut

und immer wieder nur der Mönche großes Schweigen.

 

 

2.

 

Die Stimmen klingen voll, die mittags fröhlich singen,

dort draußen auf dem Kirchhof, wie die Nonnen eben

die Phrasen repitieren, haltend in der Schwebe,

daß Buß' und Reue aus Erinnerungen dringen.

 

Wie nach und nach sich ihre Lieder aufwärts schwingen

und sich die Wechselsänge auffliegend beleben

wenn sie die Noten groß wie im Orkan erheben,

an Scheiben rüttelnd, als sie durch die Flure gingen...

 

Der Tag wirft Laken durch die Fenster, klar und weiß,

daß die Soutane wallend in der Sonne gleißt.

Doch unvermittelt brach die Melodie hervor

und unvermittelt auch verstummt der Mönche Chor

 

und zwischen zwei Gesängen, wenn die Mönche ruhen

hört man vom Anger eine Rinderherde muhen.