Elizabeth Oakes (Seba) Smith

1806-1893                              USA

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picture of e.o. smith

 

In Nachdichtungen von

ZaunköniG

 

 

 

 

Heloïse an Abélard

Muß ich nicht lieben? - Wollte mein Herz springen
mit jedem aufgeregten Puls dir bei,
solls stehenbleiben? - Ist der Geist nicht frei?
Kann Menschenfessel die Essenz bezwingen?

Kann es mit Drogen, kanns durch Bann gelingen?
Ich muß dich lieben. - Ich will dankbar sein,
Wie Todgeweihte knien auf blankem Stein,
werd ich den Kelch von meinem Blut dir bringen

und am Altar zum Sterben niederfallen.
So laß mich knien; eine Reine sinkt,
das Herz voll Lieb, der Mund in Psalmen spricht,

werd willig ich aus allen Himmeln fallen.
Wenn dieser Seufzer auch mein Leben trinkt;
Ich will dich nur still lieben, darf ich nicht?

 

 

 

 

Das Dichterleben

 

Poesie

Kein Hauch Gefallsucht weht in mir; ich knie,
o Göttin allerhöchster Kunst vor dir.
Ich komme nicht in eifernder Manier
zu dir, o himmelreine Poesie.

Du bist von mir mit Geist- und Liebeszügen
gefühlt seit Anbeginn von Zeit und Erde.
Du zeigst uns, seit uns Mond und Sonne werde
so tiefe Freuden, - zu tief für Vergnügen.

Ich war dein Kind, noch ehe meine Zunge
Gebrauch zu infantilem Ausdruck kannte.
Und nun, da ich die Harfensaiten spannte
und manche disharmonisch wohl geklungen,

weiß ich, wenn auch mein Liedchen falsch erklingt,
du schmähst das Opfer nicht, das man dir bringt.

 

 

Der Barde

Dem Herzen muß die Müh vergeblich sein,
mag es den Puls auch zu verstecken suchen,
mag es der andren härtren Schlag verbuchen,
bleibt fühlbar dennoch nur die eigne Pein.

Dem Geier ausgeliefert, an den Stein
gekettet. Allezeit sein Schnabel voll,
daß Schmerz erst mit dem Leben enden soll,
prägt der uns eigne Melodien ein,

um schwachen Abdruck unsrer Qual zu geben,
der Herzen rührt. Und edle Geister neigen
sich ehrfürchtig. Seit dem gehör'n in jeder Zeit

dem Barden seine Lorbeern, doch sie zeigen
kaum mehr den Schmerz. Er bräuchte Brot zum Leben,
doch stellt man Stein nur auf, so hoch und breit.

 

 

Das Unerreichbare

 

Sind wir für dieses Leben hier geboren,

beständig nur Phantomen nachzujagen,

und alles was wir fassen zu beklagen,

weil wir es, bereits greifend, schon verloren?

 

Als ob im Kuß das Irdne sterben muß.

O Leben, hast du keinen Freudengruß?

Verlockt nur Unerreichbares den fuß?

Füllt Unerreichbares nur unsre Brust,

 

Das stets den Sinnen ihre Ruhe raubt?

So ist das Leben! Niemand siehst du siegen,

nur immer neues Klagen oder Scheitern.

 

Es ist ein Test: Wer stärker an sich glaubt,

wird weiter vorwärtsdrängen, aufwärtsfliegen.

Das Jetzt macht dich nicht satt,

noch kann's den Geist erweitern.

 

 

Religion

Allein mit sich das Herz, doch nicht allein,
schwelgt es so gern über verborgnem Harm,
als seiner kargen Freude. Seltsam warm
umhüllt es tröstlich bald sein eigner Schein.

So mancher hat den Punkt schon überschritten
und Funken sprühten aus vergangnem Schlag,
um uns zu zeigen, was dort vor uns lag,
wofür die Weisen und die Guten litten:

Der weinte, betete, den zogs in Fernen.
So der Pilot, der Tiefen schwarzen Raumes
unfehlbar mißt im Abgleich mit den Sternen.

Er nimmt den Weg, der keinem andern glich,
und erntet für den Mut die Frucht des Traumes.
Er bleibt auf Kurs und läßt die Küste hinter sich.

 

 

Der Traum

 

Mir träumte die vergangne Nacht ich lag

in meinem Grab. Ich lag ganz still und tief.

Mein Geist litt dort, wo meine Asche schlief.

Es war ein Alptraum - und ich denk ich mag

 

dort vorgefühlt so manche Wahrheit hören.

Die Jugendträume sterben allesamt.

Die Hoffnung und die Sehnsucht sind verdammt

sich zu ergeben irdischem Zerstören.

 

Von allen Eitelkeiten reingewaschen,

wird uns doch manche Täuschung wert und lieb

die einst die Erde birgt. Von allen Dingen

 

rührn uns zu Tränen, die verbrannte Aschen,

für die die Erde als ihr Schrein verblieb.

Uns beugt die Furcht im Schatten dunkler Todesschwingen.

 

 

Die Feder

 

Ein simples Ding, das nun daniedersinkt,

als ob im Leben sich hier bricht der Traum.

Ein Pfand, als ob des Ozeanes Saum

der Sonne sanftgetönten Strahlen trinkt,

 

den Westen in ein stilles Wogen hüllt.

Zu meinen Füßen fällt der graue Flaum.

Ein Adler über dunklem Nadelbaum

in stetem Flug sich mit dem Aether füllt,

 

der nur von ihm geatmet wird allein.

O edler Vogel, warum gabst du mir

die Feder? Warum soll sie mir gehören?

 

Sei mein Weg furchtlos nun beschwingt von dir?

Ich frage nicht; kein leichter Flug ist mein.

Ich flöge nicht wie du zur Einsamkeit der Föhren.

 

 

 

 

Sommer-Morgen

Der Sabbath-Morgen ist erwacht und flocht
den Sonnenkranz. Die Männer suchen Muße;
Sie waschen ab des Werktags Schweiß und Ruß
und legen an der Quelle ab ihr Joch.

Durch Malven, Kapuzinerkresse, Winden;
umspielend, schattet lind manch zarte Blume
das Landhaus-Fenster. Die erwärmte Krume
am Bohlenweg die Sonnenstrahlen finden

und ein florales Maßwerk blüht im Glanz.
Selbst Kinder faßt dies innre Glimmen ganz;
Die Mutter, aller Müh'n der Woche bar,
sitzt voller Grazie in ihrer Schar
und singt zum Sabbath die vertrauten Weisen,
als ob mit ihr die Seraphim lobpreisen.

 

 

 

 

Todesstrafe

 

Denkt besser von den Menschen, ihr, die wagt

zu stoppen eines Herzen warmen Fluß.

Ihr spürt nicht ihre Angst und wie verzagt

sie sind, wenn ihre Seele scheiden muß

 

aus ihrer Wohnstatt. Aber die Tortour

bringt sie nicht ab von ihrem schiefen Weg,

und das Verbrechen bleibt in der Natur,

das sie auf eine lange Zeit befleckt.

 

Nein, wir nur, wie sie eingepfercht in Kammern,

spür'n eignen Schmerz bei unsresw Nächsten Qual.

Des Pulses Pladoyer wollt ihr verdammen,

doch überlaut klingt's, wie ein Hornsignal:

 

Das Unrecht bleibt ein Unrecht. Solchen Schmerz

fühlt, angesichts des toten Bruders, jedes Herz.

 

 

 

Nächstenliebe -
Verzweifelnd an der Gerechtigkeit



Verzweifelnd an der Menschen Niedertracht,
in der die Bosheit überdauern kann,
schrei ich nur um Gerechtigkeit, - denk' dann
dass dies normal sei bis ich - neu bedacht -

doch Demut lerne. Langsam wächst das Licht
in mir - aus tiefster Treue steigt's empor

 (entflohn dem dunstverhangnen, trüben Moor).
- Da schaute ich den Stolz, der aus mir spricht:

Von jedem wollte ich die Himmelsgabe,
die Gott gebührt. - Ich wurde still und habe
die Hände gefaltet - geduldig wie ein Stein,

in Anteilnahme, balsamsanft und rein
und hoffe, daß ich im Vertrauen bliebe,
erkannt von Gott, und suche nur noch Nächstenliebe.