Jan Křesadlo

Václav Jaroslav Karel Pinkava

1926 – 1995 Tschechien / Großbritannien

Beschreibung: http://www.bruck-grossglockner.at/buergerservice/aktuelles.html

 

 

 

 

 

 

In Nachdichtungen von

ZaunköniG

 

 

 

 

 

 

Rosen-Rondell

"Die Pracht auf meinem Stengel explodiert."
Fern der Idee bleibt meine Leichtigkeit.
Niemandes Buch hat je auf seinen Seiten
mein Credo und mein wahres Sein fixiert.

"Verstrickt der Zeit, bin ich des Todes Bote;
Entfalteter Batist geschmeidig gleitet;
Bin Flamme, brenn'der Dornbusch, und ich blute"
Fern der Ideen bleibt meine Leichtigkeit.

In Bildern menschliches Bedürfnis spricht,
mich über andre zu erhöh'n gewillt.
Im Hochgefühl verspür ich keine Zeit
und Worte sind mir fremd. Ich acht' sie nicht.
Von flüchtig leichtem Duft bin ich verhüllt.
Fern der Ideen bleibt meine Leichtigkeit.

 

 

Entgegen der Nacht

Den Rüssel rollt der Schwärmer zungengleich,
die samtnen Flügel unterseits geschuppt.
Der goldne Bärenspinner setzt sich, nippt
als Erster und gleichen, die sonst bleich.

Die Türme ziehen nachts die Motten an,
von einer Marmorstatue sanft getragen.
Ein Glühwurmherzchen will sich überschlagen
und unten zieht der Strom die grüne Bahn.

Des Mondes Sichel läßt sie nicht mehr los,
die bis zum Morgen voller, größer wird.
Die Ohnmacht schließt sich heimlich ein ins Moos.
Im Spiegel beinah stiller Seenwogen
quecksilbrig unruhig jeder Mondfleck flirrt
bis taufrisch er gen den Westen fortgezogen.

 

 

 

Prag

Antwort-Kranz auf Jaroslav Seifert

01

Im Einklang mit den Türmen und Portalen
beflügelt sie die schönsten Träumereien.
Nicht nur im irgendwo ein Haufen Stein,
der keinem Menschen je groß aufgefallen.

So tief durchdringt sie jede meiner Poren
und überall holt diese Stadt mich ein.
Ich könnte sonstwo aufgewachsen sein; -
warum bin ich nicht anderswo geboren?

Die Blasmusik, die schallt von ihren Zinnen,
kann mich auf ewig für den Ort gewinnen:
Ein Edelstein, den man bewundern muß.

Man könnte weder wieder von ihr lassen,
noch kann das Bild der Burg jemals verblassen,
sieht man den Barschen zu im seichten Fluß.

 

2

Sieh hier den Barschen zu im seichten Fluß,
die in Bewegung bleiben, permanent.
Vor diesem dunkelgrunen Firmament
gab ich einst meinem Mädchen einen Kuß,

um fortan wie ein Astronaut zu schweben,
durch Nächte, übervoll fliehender Sterne,
die den Verkehrslärm dämpfen in der Ferne,
von fahlen Fackeln ist die Burg umgeben.

Und wie der Strom zu meinem, ihrem Fuß,
obwohl er gleich scheint, nie der selbe ist,
unter dem Himmel steten Wandels fließt,

der manchmal düster schaut, mal mild gelichtert,
Sie hat zahllose Türme, wie Gesichter.
Manch einem ist's wie Wein, ein leichter Gruß.

 

3

Manch einem ist's wie Wein, ein leichter Gruß.
Die Arbeit hat er immer gut gemacht.
Sieh hier, wie er das Tor bewacht,
obwohl er Spott der Kader dulden muß.

Vorbei die Zeiten als Parteisoldat:
Er sah, er hatte nur noch stamm zu stehen.
Er würde nicht in den Uranberg gehen,
dabei war er ein alter Kamerad.

Die Nachtigall lernst die Gefangenschaft.
Man könnte wohl auch sagen, frei nach Brehm:
"Sie singt, nicht Freiheit suchend, in der Falle",

doch die Gefängnisluft raubt ihr die Kraft.
Sie schmeckt, wie wein, manch einem angenehm,
manch einem schmeckts wie Essig oder Galle.

 

4

manch einem schmeckts wie Essig oder Galle,
wenn Herbstgeruch im falschen Frühling liegt.
Ich bin nicht frei in Freiheit, wenn auch pralle
Knospen springen und es klingt Musik.

Bald wird uns diese Satansfratze auch
den Staat, der dem zugrundeliegt klar zeigen,
als ob der morgendliche Nebelhauch
die Türme früh beginnt zu übersteigen.

Die Fabeln Rußlands von den Wänden schauen:
auf uns herab - in Überlebensgröße,
wie eine Dampflok, schaubend mit Getöse.

Preis Lenin, ehr ihn, wie man es so macht,
kannst du doch deinem Schatten nicht vertrauen.
Was nutzt die patinierte alte Pracht!

 

5

 

Was nutzt die patinierte alte Pracht,

wenn ich verfolgt vom eignen Schatten bin?

Was hat der Liebeskranz für einen Sinn,

wenn man aus Glockentürmen Kerker macht,

 

wenn selbst das Weihwasser verdunstet ist?

Und muß auch heute niemand hungrig sein,

du weißt: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein,

egal wie mager oder fett du bist.

 

Sie wundern sich: wir haben noch den Blick

für Frühlingsblumen und die Sommerschwalben,

den goldnen Herbst, den gleißen Winterschnee...

 

Ich wünschte mir was höh'res allenthalben.

Wozu die Schönheit, alles Erdenglück,

wenn mein toter Geist nicht von mir geht.

 

 

6

 

Wenn mein toter Geist nicht von mir geht,

die Schwingen auszubreiten über allem,

will ich doch Satans Schlingen nicht verfallen

und nehm' nicht hin, daß man im Tod verweht.

 

Laß einen neuen Frühling alte Grüfte

so überreich mit frischen Blumen schmücken,

den lebenden Poeten soll es glücken,

daß auf ihr Grab sich legen Wiesendüfte.

 

Auch ich wünsch mir, daß ich noch einmal sähe

den Dichter mit Binokel, doch mir fehlt

die Gabe und wie ein getretner Hund

 

mein Kriechen, Winseln von der Not erzählt.

Nichts unterm Himmel spräche klarer und

ich gehe in die kälte, Eis und Schnee.

 

 

7.

 

Ich gehe in die Kälte, Eis und Schnee,

such ziellos meine Wege querfeldein,

nicht mehr verlangend nach dem alten Wein,

so dumpfgesichtig, bar jeder Idee.

 

Und schließlich ist der lenz gekommen, schau!

wie überm Strom die fremden Vögel fliegen.

Muß nicht, wer in den Himmel schaut, erliegen,

wie Theognidos, alt, nochmal erschauert.

 

Mir ist das selbe Schicksal zugedacht

und ich ging mit den Wandersleuten gerne,

die alles was sie brauchten bei sich hatten.

 

Die Türme rücken schon in weite Ferne.

Mein Stab begleitet mich nur und mein Schatten,

Ich lasse jeden Fleischtopf außer acht.

 

 

8.

 

Ich lasse jeden Fleischtopf ausser acht.
Sie bieten eine ungewohnte Speise,
mir unbekömmlich ist dort beispielsweise
die Dauerwurst von Innereien gemacht.

wenn vorbildlich das Blöken unsrer Herde
von allen Mauern widerhallt, dann sei
dies unser Glück in dieser Sklaverei.
Doch im Verborgnen unsre Barden werden,

die Kränze windend, schöne Worte führen,
was uns in unsrer Träumerei bestärkt;
nicht wie Tyrtaios lebt in Streitereien.

Wir hätten nun an unsrem Platz zu sein,
inzwischen lösen Mädchen ihre Schnüre.
Wozu ist heute nutz ihr Mauerwerk?

 

 

9

 

Wozu ist heute nutz ihr Mauerwerk,

die unerprobte Stärke gleicht mir wohl

einer verlassnen Muschelschale, hohl,

die nur noch Zeremonien-Waffen birgt.

 

Ach, bräche ich nur endlich diesen Bann

von Furcht- und Schamgefühlen, die sie lähmen,

um noch die Hilfe Gottes anzunehmen.

Ruft Christ, Maria und den Vater an!

 

Choräle sind es, die den Himmel halten.

Besinnt euch, wie sie unsre Feinde spalten.

Den Glanz der Orden suchen wir zu schonen,

 

erkämpft im Wettstreit einst mit aller Macht.

Was nutzt die leere Form, wenn ich nicht achte

das Erbe, uns gegeben von Aeonen.

 

 

10

 

Das Erbe, uns gegeben von Aeonen,

vermag nicht unsre Ketten aufzubrechen.

Ja, er versteht, die Damen anzusprechen -

Gönnen wir ihm seine Impressionen.

 

Und seinen Kummer teile ich sogar,

doch bin ich nicht zum Minnedienst geboren,

weiß nicht, ob sie auf unsrer Seite war,

am weißen Berg, als wir die Schlacht verloren.

 

In die Geschichte schweift der Blick zu gerne.

Schreckhaft wie ein Reh gehn sie zu Werke;

Es war August - vor jenem Februar.

 

Ich nahm mein Bündel, ließ mein Bett, wie's war.

Schon seh ich sie verblassen in der Ferne:

In zartes Grün gewanden sich die Berge.

 

 

11

 

In zartes Grün gewanden sich die Berge,

so wie die Hügel Roms in Siebenzahl,

und sie vergibt mir meine Flucht einmal,

kann ich ihr Shibboleth doch in mir bergen.

 

Weiß glänzend hatte sich ihr Strom gewunden.

Ich kannte ihre tosend aufschäumenden Wehre.

Sie läßt mich in die Freiheit, ungebunden,

wie wir von alten Kerkern vielleicht hören.

 

Sie selbst, noch hinter Gittern inhaftiert,

schluchzt in den langen Nächten; sie muß bleiben;

läßt ihre Hoffnung in die Ferne treiben,

 

zeigt sich nach außen für Touristensold

doch angehübscht, wie auf gemünztem Gold,

wenn neu der Blütenflor im Frühling wird.

 

 

12

 

Wenn neu der Blütenflor im Frühling wird,

schmückt sie sich mit Rubinen und Opal.

Keine Zeit der Not bracht' sie zu Fall:

Sie ist aus Stein erbaut und gut fundiert.

 

Zart will ich ihr um ihren Nacken streichen,

doch um es kurz zu sagen, was ich meine:

Der Nachtigall mag solch ein Käfig reichen,

doch geht der Gartenspötter kläglich ein.

 

Ich wälzte lang in alten Almanachen:

Kann irgendwer vom Teufelszins mir sagen,

ob sie es schafft, ihn einmal abzutragen?

 

Doch keiner weiß es. Ihr Los inspirierte

noch niemanden, ein Lied für sie zu machen:

nur verführerische Worte, zarter Flirt.

 

 

13

 

Verführerische Worte, zarter Flirt;

Ich spür die Rote in die Wangen steigen.

Was soll ich sagen? - Oder soll ich schweigen?

Wenn ja, wo fang' ich an? - ich bin verwirrt.

 

Es scheint, als würde uns aus heitrem Morgen,

dort die Mariensäule neu erstehen.

Unmöglich könnte man sie übersehen!

Vermittelt uns der Dichter seine Sorgen?

 

Wo fänden wir sie ohne Abscheu? Lag

die Stadt doch, ihre Beine weit gespreizt,

um hinzugeben die geheimsten Reize.

Ob sie im Breunau? im Fispanky wohnen?

Prag baut auf die Reliquien, doch ich sag,

dies alles schützt uns nicht vor Invasionen.

 

 

14

 

Dies alles schützt uns nicht vor Invasionen,

doch dauert es nun nicht mehr allzu lang!

O sieh, die stadt erhebt die  Waffen schon,

hört der Choräle dunklen Widerklang.

 

Nun ziemt es sich, mich weiter auszubreiten:

wer ging, sie zu verlassen war bereit.

Wir legten Tunnel an von beiden Seiten

und sie sind da für eine neue Zeit.

 

Gebiert denn irgendeine Tat mehr Schuld?

Bleiben? Gehen? Beides wird bezeugt.

in hundert Jahren ist auch das egal,

 

ob wir verstoßen waren, ob gebeugt.

Inzwischen übt die Stadt sich in Geduld,

in Einklang mit den Türmen und Portalen.

 


15

Im Einklang mit den Türmen und Portalen
sieht man den Barschen zu im seichten Fluss.
Manch einem ist's wie Wein, ein leichter Gruß,
Manch einem schmeckt's wie Essig oder Galle.

Was nutzt die patinierte alte Pracht,
wenn mein toter Geist nicht von mir geht?
Ich gehe in die Kälte, Eis und Schnee,
Ich lasse jeden Fleischtopf außer acht.

Wozu ist heute Nutz ihr Mauerwerk,
das Erbe, uns gegeben von Aeonen?
In zartes Grün gewandet sich der Berg,

wenn neu der Blütenflor im Frühling wird.
Verführerische Worte, zarter Flirt,
dies alles schützt uns nicht vor Invasionen.

 

 

 

Die Frau

1

 

Weib Adams, die du ihn schlugst schon in Bann,
Er mußte Eden wegen dir verlassen
für einen Apfel, - ist es denn zu fassen!?
Die Eva zog des Satans Schlinge an

und Troja gab man für die Frauen hin.
Sein Mitleid war Verhängnis für Ctirad.
Durch Heliose kastriert war Abelard,
wie diese Zeile, ohne Sinn.

So teuer ist die Freude und sie driftet
nur allzu schnell in Schmerzen und in Öde.
Wir taumeln überm Abgrund, schon vergiftet.

Für uns hältst du bereit ein hartes Los und
sag: Vor wem verbeugen bir uns blöde?
Feiern wir deine Gunst als beste Losung?

 

 

2

Feiern wir deine Gunst als beste Losung?
Kein Mensch wird je geboren ohne dich.
Du trägst der Menschheit Existenz Gewicht,
Zur Fortpflanzung bist du allein die Lösung.

Durch dich alleine lebt sie und pulsiert,
Sie lebt durch dich, durch dich kommt sie auch um.
Du hintertreibst durch dein Mysterium
das Credo, bringst das Leben und es wird,

du giftige, geschmeidigste der Schlangen,
durch dich allein den Todesfluch empfangen.
Ist es ein Fliegenpilz, ist's Götternahrung?

Zur Droge ist uns die Essenz gebraut.
Du weißt: Der Mann kann nicht aus seiner Haut.
Nur allzu sinnlich ist uns deine Kosung.

 

 

3

 

Nur allzu sinnlich ist uns deine Kosung.

Wir sind durch unsren eignen Stab besiegt,

wenn du unsren Attacken so erliegst,

ob sitzend, knieend, ob in andren Posen.

 

Sei's im vertrauten eignen Bett zuhause,

sei's unter freiem Himmel weiter Felder,

Sei's zwischen Hügeln oder in den Wäldern,

sei's in der Kirche oder sei es draußen,

 

ob unterhalb, ob oben, nebenan,

ob nun im Eulenturm; in jedem Zimmer,

egal, wie groß es ist; es zieht uns immer

 

wieder neu zurück in deinen Arm,

zu teilen den geheimnisvollen Charm,

der unsre Sehnsüchte beflügeln kann.

 

 

4

 

Die unsre Sehnsüchte beflügeln kann,

die Freude ist in keinem Maß genug.

Ihr Netz ist uns gestellt, so köstlich klug;

Sie legt uns unsre Knechtschaftsfesseln an.

 

Ob hohe Tochter, schlichte Bauernmagd,

ob eine Dirne aus der Innenstadt,

die Dichtung alle schon besungen hat;

erwachend niemand mehr zu spotten wagt.

 

Wir preisen dich und sinken in die Knie.

Allein schon deine Brust schlägt uns in Bann.

Wer hat sich davon jemals frei geglaubt?

 

Kann man formaler Bindung sich entziehen,

so legen wir doch selbst die Leine an,

trachten wir als Krieger auch nach Raub.

 

 

5

Als stolze Krieger trachten wir nach Raub,
und stehen sprachlos vor dir, gaffen nur,
enthüllst du deine mythische Figur,
stellst du uns deinen nackten Leib zur Schau.

Wenn mondhaft deine Haut, nicht länger scheu,
sanft schimmernd durch die Dämmerungen fliegt,
und offen wie das Buch der Träume liegt,
lockt uns dein Anblick immer wieder neu.

Im Wechselspiel von Licht und Schatten wogen
die Kurven einer Landschaft. Manchmal zeigen
sie Hügel, ausgedehnte Täler; groß


der Drang sie zu durchstreifen, zu besteigen,
zu deimem Mund, zu Schultern, Schenkeln hingezogen,
nach deinen schönen Brüsten, Hintern, Schoß.



6.

 

Nach deinen schönen Brüsten, Hntern, Schoß

zieht's uns, die uns sind wie Gefängnismauern.

Am Türschlitz stehst du, um auf uns zu lauern

und durch den Schlitz wird die Vergebung groß.

 

Für diese sind wir auch bereit auf alle

Freiheit zu verzichten um uns krumm

zu machen (Gräber: Nahrung für die Blumen)

und uns zu duellieren, bis wir fallen.

 

Der Mann: Der Frauen Sklave ist er blos.

So ist es, Jungs, und wird nie anders sein.

Ihr Pfeil dringt uns in Herz und Hirne ein.

 

Sie führen uns, wie Goethe schon befand,

nicht aufwärts. Auch wenn anderes uns band:

In deine Falle führt der erste Stoß.

 

 

7.

 

In deine Falle führt der erste Stoß:

Ob dieser Weg, ob jener - kein Entrinnen!

Kein Ausweg ist zu seh'n, den wir gewinnen.

Wir gehen irr und werden irre blos

 

an jener, die mit uns gegangen ist

und sich doch an ihr eignes Los verschwendet,

die sich aus Liebe richtung Sodom wendet,

bis man, wie sie, zu Salz geworden ist.

 

Und jeder Mann bekam sein eignes Weib:

All die Verführerischen, die Verruchten:

Sie prüfen uns, wie sie uns je versuchten:

 

Du Frau, lebendiges Gorgonenhaupt,

das uns das süsseste und größte bleibt:

Wir fallen glücklich vor dir in den Staub.

 

 

8.

 

Wir fallen glücklich vor dir in den Staub,

die wir, gefangen, ohne Sorgen waren.

Gefangen von Geburt bis in die Jahre

wo wir den Test nicht mehr besteh'n. Man raubt

 

sein eignes Lager aus für seine Frau

und jagt für sie nach prächtigem Geschmeide.

Für Frauen mußten wir den Wahnsinn leiden.

Man hat der Welt ins Innerste geschaut.

 

Für sie hat mann sich um sein Heil betrogen,

hat es für Nichts verloren und verpfändet:

Ein Sehnen, Sterben, Schmachten das nicht endet,

 

für sie, der unsre ganze Kraft gebührt.

Der Kurs, auf den ihr Umgang uns gezogen,

gab die Natur; gab Zeus, einst selbst verführt.

 

 

9.

 

Gabs die Natur, gab's Zeus, einst selbst verführt,

den Ärger, Spott, die ganze Narretei,

allein gelassen ohne die Arznei,

als in uns der Gedanke oszilliert.

 

Instinkt lenkt unsre Köpfe, unsre Herzen

und wir verbeugen uns vor ihrem Schoß.

Ein Protein wirkt in der Leiste, blos

um ihnen nachzujagen unter Schmerzen.

 

Nur diesem Zweck sind wir bestimmt,

die Frauen anzubeten, dralle, dünne...

Wir sind sie Söhne Evas, die sie wiedernimmt.

 

Was haben wir für unerkannte Sinne!

Der Demiurg wird Gottes Ratschluss sein.

Dies Los: Wie Narren tappen wir hinein.

 

 

10.

 

Dies Los: Wie Narren tappen wir hinein.

Es wird uns immer nur die Flügel stutzen,

daß wir die Freiheit seh'n und sie nicht nutzen

zur Flucht. Der Mönch kann nicht der Sieger sein:

 

Sie geißeln ihn, so lange bis es tropft.

Aus fein gestreiften Abendwolken rollen

Phantasmen, die sich nicht mehr legen wollen

und Träume jagen ihm noch durch den Kopf.

 

Obs Mönche sind, ob angesehne Leute,

ob auch ein Playboy vorzeigt seine Beute:

Ihr kleiner Finger hat sie angelockt.

 

Bereits im Schöpfungsplan liegt es begründet;

Wir sind wie Ponys an sie angepflockt.

Ein Teufelskreis hat sich um uns geründet.

 

 

11.

 

Ein Teufelskreis hat sich um uns geründet,

ein Zirkus, dem man nimmer mehr entkommt.

Ob sie nun tierisch-triebhaft ist, ob fromm,

Ob er auch etwas von der Welt verstünde

oder nicht, er wird doch weich, - und wie

ein Hofnarr spielt er auf, nur ihr zur Ehre.

Ob sie nun schön ist oder garstig wäre,

er bleibt der Hofnarr mit gebeugtem Knie.

 

Ach Frauen, - unter dem Mysterium

wird jeder Mann gewöhnlich, schlicht und blind.

ist ihre Absicht redlich oder krumm,

Wir haben dies Verlangen stets verspürt

wie vorbestimmt, nur weil wir Männer sind.

Dort ist kein Weg, der in die Freiheit führt.

 

 

12

 

 Dort ist kein Weg, der in die Freiheit führt.

 Wenn wir auch nicht bekommen was gewollt,

 so preisen wir doch unser Narrengold,

 das wir als Schatz der Armut aufgespürt.

 

 Es ist nicht angenehm hier ohne sie,

 doch mit ihr kommt nur Ärger und Verdruss,

 daß sie nur keifen und und quälen muß.

 Für dieses bisschen Glück lohnt es sich nie.

 

 Ach, Weiber, wie ihr alle launisch seid;

 ihr fädelt uns in eure Schlingen ein,

 wiegt jede Freude auf mit doppelt Leid

 und neben euch der Sirius erbleicht.

 Es ist unmöglich: Leben ohne euch,

 sich von euch zu befreien, frei zu sein.

 

 

13

 

Sich von dir zu befreien, frei zu sein...

Denkst du, daß sich ein Einzelgänger freute?

Er wäre glücklicher an deiner Seite.

Glaub nicht, ihm fiele je die Lösung ein.

 

Auch er ist seiner Lust noch nicht entgangen.

Vielleicht, daß er ein Gummipüppchen fand,

vielleicht versucht er es von eigner Hand,

doch dies befriedigt noch nicht sein Verlangen.

 

Er kann sich nicht aus seinen Trieben winden,

durch seine Hybris scheitert er daran,

sucht das Ventil, für was nicht warten kann.

Nur deshalb will der Mann sich an dich binden.

Nicht um des Rätsels Antwort rauszufinden,

zu leben sündhaft nunmehr ohne Sünden.

 

 

14

 

 Zu leben sündhaft nunmehr ohne Sünde?

 Ob man mit Weib, ob ohne leben soll?

 Das Leben wäre ohne sie nicht voll.

 Wenn unser Ohr doch nicht so viel verstünde!

 

 Wer flieht, hat Langeweile nur im Blick.

 Der andre kann die Freudenstunden teilen,

 doch dauert es nur eine kurze Weile

 und er fällt rein auf diesen alten Trick.

 

 Dort ist kein Weg. Nicht der ist mir geheuer,

 noch jener; Keiner kommt am Ausgang an.

 im siebten Himmel scheinen wir zu wohnen,

 dann schleudert sie uns in die Höllenfeuer,

 erst Engel, dann verschlagene Dämonin,

 Weib Adams, die du ihn schlugst schon in Bann.

 

 

15.

Weib Adams, die du ihn schlugst schon in Bann;
Feiern wir deine Gunst als beste Losung?
Nur allzu sinnlich ist uns deine Kosung,
die unsre Sehnsüchte beflügeln kann.

trachten wir als Krieger auch nach Raub:
Nach deinen schönen Brüsten, Hintern, Schoß.
In deine Falle führt der erste Stoß,
wir fallen glücklich vor dir in den Staub.

Gab's die Natur, gab's Zeus, einst selbst verführt?
Dies Los: Wie Narren tappen wir hinein.
Ein Teufelskreis hat sich um uns geründet.

Dort ist kein Weg, der in die Freiheit führt.
Sich von dir zu befreien - frei zu sein,
zu leben sündhaft nunmehr ohne Sünde.

 

 

 

 

Sonettenkranz (von 1956)

 

 

Magistrale

 

 

Trotz wachsender Distanz von Raum und Zeit

hab ich begonnen an dem Kranz zu winden.

Es darf sich nichts Verfälschtes in euch finden,

ihr Worte, die ihr gute Nachricht seid.

 

Berühren sie die spürbaren Gewalten,

so werden sie die Schönheit in sich binden.

Du kannst die schwersten Bürden überwinden;

Du kannst mir helfen manches auszuhalten.

 

Es mag vielleicht nur eine Täuschung sein,

der Punkt in der Unendlichkeit verschwunden,

der erste Augenblick des Kennenlernen.

 

Ich bin so froh: Ich bin nicht mehr allein,

und habe mich allein daran gebunden

auf seinem Weg in eine weite Ferne.