Bernhard Severin Ingemann
1789 – 1862           Dänemark

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In Nachdichtungen von

ZaunköniG


 


Schwanengesang

1

Dein Festtag gleitet hin, so still und stumm.
Der Gruß erreicht mich nicht von Jubelchören.
Du hast dich mir verborgen, - doch ich höre
erfreut dein leises Oratorium.

Von klein auf deines Wesens Harmonie
bis heute tief in meiner Seele saß.
Als ich schon jeden andern Ton vergaß,
da hörte ich noch deine Melodie.

Der Klang sich übers Seelenmeer erstreckt,
worin kein Grundakkord sich je versteckt.
Zum Wachstum braucht die Milde ein Aeon
und hymnengleich schwingt in ihr jeder Ton,
wo Gott mit unsrer Erdenseele spricht.
Dein Engel zeigt mir darin dein Gesicht.

 

 

2

 

Klar tritt dein Kindsgesicht im Geist hervor;

Der Wangen Bräune, die dir nicht behagt,

die dunklen Haare, die du selbst nicht magst

verbirgst du unter einem zartem Flor.

 

Ich sehe, was du selbst einst sahst: Den Sog

der Tiefen braunen Augen. Ohne Scheu

sahst du hinein; Wahrhaftigkeit und Treu

war dir der Seelenspiegel, der nicht trog.

 

Du glichst den Kindern. Nur du selbst sahst nicht

den Schimmer deiner Haare und die milden

Wangen, und dein helles Augenlicht.

 

Mein Blick durchdrang die Seelentiefen ganz:

Für mich war der im Traum gesehne Glanz

des Wesens Geisteslicht: Ein Kindesbild.

 

 

3

 

Ich sehe deinen Ernst, dein Kindesland

und dein Erstaunen wenn die Alten lachen.

Du freust dich frei, wie es die Vögel machen;

Die Schadenfreude war dir unbekannt.

 

Ich seh' der Jugend Seelenflüge und

den festen Willen zwanglos vorwärts schauen

mit sanftem Atem und mit dem Vertrauen

das nichts erschüttert zur Gefahrenstunde.

 

Ich seh dich jene Nacht in Feindesheeren,

geleitet nur von deines Engels Hand,

verborgen birgst du Leben und die Ehre.

Du willst das dir verheißne Hoffnungspfand,

 

den sterbenden zu Helfen war dein Wille,

wo Gott dich braucht. Du wogst in seiner Stille.