Elizabeth Barrett Browning

1806-1861                     Großbritannien

 

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& Monument des Augenblicks

 

 

 

picture of e.b. browning                                                               In Übersetzungen von:

                                               ZaunköniG

 

 

 

Vergangenheit und Zukunft

Mein Morgen soll nicht meinem Gestern gleichen,
bis auf die Himmels-Chronik. Es geschehe
nur Gottes Wille! So mein Schicksal gehe!
Ich möchte nicht von deinem Brote brechen,

daß mir ein Anteil aus der Fülle werde;
und dann nicht danken für das Mahl.Der Wein
ist zwar vergossen, niemand hier, der mein
Laib Brot aufliest, die Krumen auf der Erde.

zerstreut, zerstampft! Nun find ich manches Gute
in grünem Kraut, in schäumend klaren Fluten
und bin zufrieden mit Naturerfahrung,

bis einst zum Engelsmahl mit bessrer Nahrung,
wo neuer Wein in meinen Becher fließt,
in ruhiger Hand, die keinen Schluck vergießt.

 

 

 

 

Echter Schmerz

Dem hoffnungslosen Schmerz ist Kraft genommen,
daß nicht verzweifeln muß, wer jammern kann.
Der halbgelitt'ne hebt sein Klagen an,
weiß seine Nöte klar von Gott vernommen,

sei's Frage oder Vorwurf. Das Verderben
verödet dem die Seele, der nicht spricht,
verlassen unterm gleißenden Gesicht
des absoluten Himmels; Seelen sterben

vor Kummer still wie die beklagten Toten,
als Denkmal ihnen selbst auf's Grab gesetzt,
daß unvergänglich bleiben Leid und Wehen,

bis einst die Statuen zu Staub verrotten.
Spür selbst: Die Augen trocken; könnt's sie jetzt
noch weinen, könnte sie auch auferstehen.

 

 

 

Almhirt und Poet

Der Almhirt zwischen Berg und Firmament
sieht seinen eignen Schatten in der Szene
sich auf den Nebeln zum Giganten dehnen,
doch ohne, daß er
sich nun größer nennt

bei diesem Bild. Geduldig nimmt er gern
den Stab ein wenig fester in die Hand,
schaut auf der Gipfel Amethistenrand
den Glanz der Saphirkronen nah und fern.

Lernt hieraus Demut und Bescheidenheit,
ihr Dichter, die ihr in die Höhe wollt.
Ihr seid nicht groß, -wie ihr es vielleicht meint,

denn ihre Offenbarung hält bereit
für euch die Schöpfung. - strahlend nicht wie Gold,
weil Gottes Glanz dort für euch scheint.

 

 

 

Seraph und Poet

Der Seraph singt, bevor uns manifest
der Eine Gott im Leuchten seiner Sieben.
Die Himmel sich in seinem Singsang heben,
gleich einem Kind, wenn es sich stillen läßt,

als Erstgeborenes in Mutters Nest.
Doch der Poet singt von der Erde Gräbern,
noch ehe sich die Sünder selbst vergeben,
Ihm dadurch Leid antun. Das Dunkel presst

die Seele mit der eignen irdnen Schwere.
So sing, Seraph, im Glanz vom hohen Himmel,
und sing, Poet; die Erde ist gering.

Es ruft des Universums innre Stimme
ihr "Amen!", ob es Freud, ob's Leiden wäre.
Poet und Seraph - gleichermaßen sing!

 

 

 

 

Für Mary Russell Mitford
In ihrem Garten

Wann lege ich dir diesen Vers zu Füßen,
du Gütige; Vor Stolz will ich mich hüten,
nicht Besseren gleich, die sagen: "Diese Blüten
leg ich dir bei" und lästern deinen süßen

Rosen und sie beschämen. Und du hast
dich über sie gebeugt. Im Lenz erneut
mit offnem Herz, das sich der Liebe freut, -
die Verslein reichen dir manch Himmelsglast.

Wie meine Blüten von gewachsner Wahrheit,
obwohl nicht kostbar: Du bist voller Klarheit;
Aus deinen lieben Schriften perlt der Tau

und bläst der Wind. Du selber bist zunächst
in der Natur, begrüßt der Erde Schau,
hältst einen Gottesdienst in jedem Text.

 

 

 

Der Gefangene

Ich zähl die Zeit nach Monaten und Jahren,
seit ich den Rasen untern Füßen spürte,
als mich der Dinge Sommerhauch berührte
an meinen Lippen. Die mir nahe waren

sind heute fremd, wie Träume ferner Kreise,
wie das beweinte Paradies. Natur
singt weiter hinter der verschlossnen Tür.
Für den Gefangnen eine fremde Weise

sich in der Ferne öffnet. Der Verstand
sich von erfühlten Phantasien beschwert
und stets erfüllt von vorgeahntem Schmerz

der trägen Sinne, treibend wälderwärts,
zu Flüssen, Lichtungen, ins Sonnenland,
das gold scheint, bis ins Göttliche verklärt.

 

 

 

In Gedanken an ein einsames Sterbebett
niedergeschrieben für meinen Freund E. C.

Wenn Gott dir dieses Schicksal auferlegt,
die letzte Stund alleine zu ertragen,
du niemand kannst die letzten Worte sagen,
der um dich weint, wenn dann dein Puls versiegt,

dann bete selbst: - "Komm sanft, O Jesus Christ!
So wahr du selbst als Sohn verlassen warst,
dein Wein vergossen in der öden Karst,
im Garten selbst allein gewesen bist,

dein Leiden blutig von der Stirne floss
bei allen diesen Qualen: Tröste mich!
Kein Erdenfreund ist bei mir, stelle mir

kein Todesengel zwischen dich und mich,
nein, breche selber meines Lebens Rose;
- Nimm mein Leben lächelnd mit zu Dir.