Delmira
Agustini
1886 - 1914 Uruguay
In Übersetzungen von
ZaunköniG
O Eros, ich will
führen seine blinden
zwei Hände, in denen
seine Allmacht ruht.
Sein Leib verschwendet
sich in heißer Glut;
In Rosen soll sein
Leib sich wiederfinden.
Heut öffnet sich die
Blumenkönigin,
und Nektar lockt aus
seiner Gattin Garten,
als ob mein Fleisch
die Geier schon erwarten,
geb
ich mich auf dem Rosenlaken hin.
Zwei Schlangen, die
begehrlich sich umschlingen,
die fiebrig züngeln
Honig und Absinth
in ihren Adern, in des
andern Mund.
Und wie sie scheuend
in die Furche dringen,
die nährend ihrem
eignen Samen sind,
tut sich der Schöpfung
Wahnsinn darin kund.
als Träne in das
Reich, woher sie kam - und auch
erscheint mir deine
Stimme, viel zu fern, als Hauch
des Todes und ich
weine herben Wein. >nie wieder<
Fürmeine
Trauer bleibt mein Weinen noch zu schwach,
Schon fühle ich dich
fern, ungreifbar wie den Rauch;
Kein Weinen wärmt der
Todesküsse kalten Hauch,
Nie wieder weine ich
die große Schwester wach!
Vergangenheit liegt
abgeschlossen wie ein Sarg.
Die Herbstzeit die das
Blattgold eines Sommers barg
verweht die
flammensprühende zweite Blütezeit.
...doch ausweglose
Nächte, die die Sonne schwärzen,
sie hören blättern
meiner Stunden Traurigkeit
und reden süß zu mir
von Blüten andrer Herzen.
Die Muse
Ich will sie schillernd, vielgestalt, geheimnisvoll,
und Blicke: feurig und abgründig soll sie haben;
Ihr Mund die duftig reife Frucht und Honig soll
als Goldseim ihm zusammenlaufen, gleich den Waben
und hitzig schwellen auf der Haut wie'n Bienenstich;
Sie soll erobern mit so herrschaftlichen Posen,
mit Lachen, bis es sich in meine Klagen bricht;
aus ihren Händen Messerstiche und Liebkosen!
Dies Zittern, Ohnmacht, Weinen, Rauschen im Flamenco,
als Adler, Tiger, Taube allem Eingebornen,
und ihre Gottessehnsucht faßt kein Firmament.
Mit einer Stimme: bitter, bittend, flammenloh,
und einer Krone die auf hoher Stirne brennt,
besetzt mit Rosen, Diamanten oder Dornen!
Dein Mund
Ich folge auf den Berg der göttlichen Bestimmung,
dort wo der Stolz gedeiht, dem Leben abgewandt.
Ein Blütenblatt, - vom Morgen zu mir abgesandt;
Ein Kuß zur Nacht. - Ich folg' der göttlichen
Bestimmung
beharrlich, wie besessen auf die Berge.
Wenn deine Stimme glockenzärtlich zu mir dringt
und überirdisch jeder Ton in mir nachschwingt,
dann zieht dies goldne Band mich hin zu deinem Mund.
Ein wunderbarer Quell des Rausches ist dein Mund.
Zwei Rosenblütenblätter bergen einen Schlund...
O göttliche Bestimmung, herzlich, schmerzlich, voller Lust,
Nahrung, die das feuer nährt in meiner Brust!
Aus deiner Stille spricht zu mir der Stolz der Berge
und ich fall endlos in den blutgen Höllenschlund.
Rendezvous
Der Traum ist reich in deinem Schlafgemach bedacht
mit Licht und Blumen. Eine ruhige Chaussee
durchschreitet meine Seele, eine Ruh-Allee
und geht mit dir den Pfad, der schwärzer als die Nacht.
Die Schönheit lassen wir verlöschen ringsherum.
Die Tür ist zu, wir gehn die Wege träumewärts
und zünden ein Bund Sterne im Mysterium
und wie die Blütenkelche öffnet sich dein Herz,
uns in Erwartung zu verzehren und zu laben.
Mein Geist kommt bei dir an und will sich fallen lassen.
Ein süßer Himmel ist in deine Brust vergossen.
Auf Amors Diwan werden wir den Frieden haben,
in Lilienknospen vor den Dornen eingeschlossen,
wenn überm Bett die Rosen Blatt für Blatt verblassen.
Flüchtig
Daß dieser Blick die Welt ertränkt, schien mir gewiß,
weit aufgerissen, wie ein schmerzverzerrter Mund.
Zerteilten Herzen glichen deine Augen und
so loh, als ob es sich in tausend Flammen riß.
So flossen aus der Tiefe deines Angesichts
Pupillen, schwarz und feurig, denen Gift enttrieft.
Ich weiß nicht, wo dein dunkler Blick entsprang, so tief,
so furchteinflößend weite Welten hinterm Nichts.
Oh, deine Augen, die so trauern sind Arkaden,
dem Abenddämmern zugewandt, die Schattenpfade
der Augenringe, dort seh' ich mich selbst von Ferne.
Als ob die Gesten meinem Schrecken Schleier sind,
weich' ich dir aus. Das Schwarz der Nacht gerinnt
in deinen Augen und verdunkelt alle Sterne.
Explosion
Bei allen guten
Geistern; Lieben ist das Leben!
Man lebt nur für die Liebe! Bald schon liegt's in Schlaf.
Was können mir Ideen aus tausend Jahren geben,
wenn man sich keine blaue Stunde gönnen darf?
Mein traurig-welkes Herz starb langsam, doch als wär
es eine Blume, öffnet's sich im hellen Tag.
Gewaltig bricht das Leben auf, als sei ein Meer
erweckt von Amors warmer Hand mit einem Schlag.
Bald neigt es nich zur Nacht, mein traurig kaltes
Herz,
und will wie Röhricht meine Träumerei behüten,
als sei es einer Narbe, die noch immer schmerzt,
in seinem Schatten Linderung verschaffen muß.
Mein ganzes Leben ist Gesang, ist zarter Kuß;
Mein ganzes Leben gleicht dem Nektarkelch der Blüten.
Erbaut ein Schiff, so
groß wie die Ideen...
Ihr könnt es
"Schatten" oder "Leitstern" taufen.
Den Wetterlaunen soll
es widerstehen.
Als stolze Schönheit
soll's vom Stapel laufen.
Im Takt des
Herzschlags soll es vorwärts gehen,
dem Leben gleich, in
Gottes Armen wäre
ich sanft gewiegt.
Wie auch die Winde wehen,
sein Flammenbug
zerteilt die sieben Meere.
Als Fracht ich für
das Schiff die Trauer hab.
Nun treibt es ohne
Kompass und Sextant
bis hinters letzte krause Wellenschäumen.
Du Bruderseele,
welcher fremde Strand
wird sich uns
zeigen... Legen wir nun ab?
Ich sterbe um zu
leben und zu träumen.
Den
Anker gelichtet
Der goldne Anker blinkt, es steigt das blaue Segel
und es entfaltet sich, wie eines Traumes Flügel
in einen neuen Tag.
O Muse, laß uns fahren,
denn vor dem bangen
Bug dehnt sich die weite See.
Auroras rote Bake blinkt uns im kristallen klaren
Osten. Freundlich lächelnd zieht die Phantasie
ein seltenes juwelbesetztes Prachtgewand
an, zieht von Wellenberg zu Wellenberg brilliant...
Das blaue Segel zeigt Aeol die Oriflamme...
Erhabener Moment! ... und nichts ist mehr gewiß -
O, was erwartet mich am nächsten Wellenkamm?
Wird mir ein duftig frischer Lorbeerstrauß zum Lohne?
Ein Szepter, diamantbesetzt? das goldne
Vliess?
Ein Schiffswrack, oder des Gesalbten Dornenkrone?...
Deine
Liebe
ist sklavisch und wie Sommersonne streng.
Sie ist die Hüterin dem Gold des Lebens
und Hüterin des Feuers, das versengt
die Fruchtbarkeit am landgut meines Lebens.
Ein Rabenschnabel mit dem Duft der Rosen,
Der Stachel und der Honig des Genusses
ist deine Zunge, deine Hände ungewußte
Klauen, die mit Handschuh'n mich liebkosen.
Dein Blick zerfurcht mir roh die Mitternacht,
Die Augen, Honig aus den schwarzen Waben,
der sich verzehrt um mich und bitter bacht,
und Larven, die der Zukunft Flüge haben
mit aller Pracht in ihrer Dunkelheit,
und der verhexte Turm der Einsamkeit.
Sind’s meine Augen
oder meine Hände,
die Leben zünden nun
in deinem Bild?
Dein Wolkenantlitz,
Strahlen, die mich blenden,
dies alles dir nur,
meinem Fürsten, gilt,
erwachen meine Augen,
meine Hände.
Durch dich steh ich
in Flammen, lodernd wild
Mein Haar, die seele steigt zu deinem Bild
Und öffnet eine Blüte!... Souverän die
Schatten, Lichter,
deine Augen ernst
Erzähl’n
von Würde, die wir tief gekannt
Und mir verlischt, den Abendin der Hand
Von einer Mancha,
schwarzblau wie die Nacht,
und eine Sehnsucht in
mir neu erwacht
von der du kalt dich
sternengleich entfernst.
O Amor, die Tragödie
begann zur Nacht,
als du den goldnen Schlüssel gabst zu meinem Schloß.
Für kühle Schatten
war die Pforte aufgemacht,
deiner Gestalt die
licht sich in das Land ergoß
und alles nun
bestrahlt dein Blick von Diamant.
Und deine Lippen sich
an meinem Kelch betrinken.
Du läßt den Kopf in meine Kissen duftend sinken.
Von deiner Torheit, Frechheit
bin ich wie gebannt.
Und heute lacht der Fluß dich an, dich preisen Lieder.
Ich schlafe ein, wie
unter Bäumen schläft ein Hund
Und bis in meinen
Schatten trägt der Lenzduft wieder
Und an mein Schloß will deine Hand sich alsbald legen
Und gibt den Nächten
dunkelnd, schluchzend ihren Segen,
denen
in meinem Leben blühen will dein Mund.
Von Ferne
Im tiefsten Schlaf
durchschreiten wir die Stunden;
ein Zug der fühllos
und gemessen zieht.
Wie schmerzhaft hab
die Leere ich empfunden,
den Schritt, der
lächelnd meine Träume sieht.
Ich weiß von Umkehr
und Auroras Glanz,
doch überm Horizont
senkt sich ein Dunkel.
In meinem Busch
belebt ein Klang sich ganz,
der kreuzt am Fluß kristallenes Gefunkel.
Ein Tag, und Trauer
tritt mir in den Weg.
Ich hab mein Los in
deine Hand gelegt
und nie sich wieder
etwas Schönes bot.
Wir sind uns Meer und
Himmel. Die Gezeiten,
Gewitter,
Flügelschatten überschreiten
leicht zwischen ihnen
Leben und den Tod.
Die Statue
Siehe, vor der grünen
Blätterwand,
sein klares,
souveränes Schattenbild.
Wird dort nicht eine
Blüte vorgeahnt,
von einem stamm, der
morgen leben will?
Ein starker Stamm,
der unerschütterlich,
aus hartem Marmor,
statt aus Lehm gemacht,
in einer großen
zukünftigen Schlacht
den alten Stamm der
Menschheit bricht!
und siehe, wie ihn
streng die Starre packt,
so imposant, und so
erschreckend nackt!
Oh Gott! Beleb' ihn,
lehr ihn die Bewegung!
Sieh, in dieser Form
schläft etwas Großes,
doch noch ist es ein
Elendes, Wehrloses,
noch ärmer als der Wurm,
so ohne Regung.
Mondlicht
Der Mond ist fahl und
trübe, kühl und müd,
hat sich als Totensilouhette bleich erhoben...
Muß
ich auch seinen Perlenschimmer loben;
mehr liebe ich die
Rose, die erblüht.
Im stillen Winkel,
mit dem Rot des Lebens,
blüht sie entgegen
jenem Totenkopf:
Auf dem Altar der
Nacht ein Flammenopfer.
Den Weihedüften ist
mein Sinn ergeben,
die Lippen welk von
Blasphemie und Wein.
Sie küssen nach dem
Rausch noch seine Spur,
sein Bild im stillen
See noch immer, immer...
Es ist der Unschuld
unnahbarer Schein:
In Weiß taucht er die
Dinge, Weißes nur...
selbst schwarze seelen strahl'n in seinem
Schimmer.
An deine Muse
Willst du die
Schultern deiner Muse schmücken
mit einer Robe ganz
von reinem Schnee,
werd
ich die dunklen Blütenblätter pflücken
und bin die Alabaster-Lilie.
Für deine Rosen-Muse
bin ich Rose;
mein Herz ist
Honigduft und Feuerglut.
Ich lebe, sterbe,
dürste glorios:
Als Wasser netze mich
dein Lebensblut.
Wenn eingehüllt in
einen Lichtflor Lunas
das Blau sinkt in die
ruhige Lagune,
bin ich die
träumerische Schwanenseele.
Willst du sie i gemessne Trauer kleiden,
die trüben Pfade mit
ihr zu beschreiten,
bin ich das Licht und
Schatten einer Stele.
Als großer
Sonnenaufgang scheint sie auf mein Leben
und meine Seele
trinkt sie wie aus Blütenkelchen;
Die Liebe! - Gesegnet
die erlöste Nacht in welcher
du deine blüh'nde Hand der meinen hast
gegeben.
Dier Seele pulst im
Schatten als gerührte Harfe:
Des Schweigens Wasser
schon dem Morgenrot entspringen.
Sie sang mit so kraftvoller Stimmer, - mystisch, - klingend. -
Oh, - meine dunkle
Seele war ein Stern im Schlafe!
All meine Hoffnungen,
die ich als tot beklagte,
erheben ihre
Schwingen. Wie die Vögel zieh'n
sie, freudetrunken, stärker
als die Sorgen;
Und jedes Ding
pulsiert und strahlt schon, daß es tagt,
als ob von rosa Licht
ein heiler Baldachin
sich auf die Welt
legt: dieser meiner Liebe Morgen.
Ich sterbe anders...
Nicht das Leben bringt mich um,
und weder tötet mich
der Tod, noch tut's die Liebe.
Ich sterbe an Ideen,
wie eine Wunde stumm...
Hast du solch Leiden
nie erlebt, in dich getrieben
Gedanken, die in
deinem Leben Wurzeln schlagen,
die Fleisch und Seele
aufzehr'n ohne eine Blüte?
Hast du denn nie den
Schlafstern in dir ausgetragen,
der dich von innen
brennt, doch weder strahlt, noch glühte?
Martyrium!... Wer für
die Ewigkeit bestimmt
verdorren muß... verfluchte Saat, wenn immer toller
die Klaue, die ein
Innerstes in Stücke reißt...
dir deine Blüte, die
für immer blühte, nimmt -
unsterblich ... Es
wär nicht größer, nicht geheimnisvoller
wenn man in Händen
hielte Gottes Geist!
Der Poet und die
Illusion
Die Amazonen-Königstochter, ein Gespinnst, so filigran,
Türkis die Augen, ein Prinzesschen,
wie geformt aus Porzellan,
Gerufen eines Nachts an meine Tür mit schmaler
Lilienhand
Und einer Stimme von Kristall, wie einer Flöte
elegant:
Grau mutet mir dein Leben an.
Ich hab die Seele einer Rose, wie der
Blütentau so rein.
Ich kam aus einem schönen Land,
Will Schwester Dir und Muse sein.
Ein Arm von Alabaster... dann in dem sonoren
Nelkenrot
Des Mundes süßer Honig; Eine Wolke, nur aus
Gold und Duft,
Umgibt mich diese ungestüme Pferdefrau wie
eine Flut.
Der jähe Traum, ein Schatten, der berauscht,
die nektarschwangre Luft...
Und wenn ich dann erwache ist mein Teppich
gleißend hell besonnt
In einem Rot wie von Rubin und einem Schein
von falschem Blond.
Liebe
Ich träumte von ihr:
heftig glühend, ungeheuer.
Sie sprach mit dem
Getöse einer Stromesschnelle.
Sie war der See, der
überschäumt von Wahn und Feuer
Und durch das Leben
rollt aus einer steten Quelle.
Ich träumte, dass sie
wie die Sonne unterginge,
Sich bette zur Nacht
mit ihrem Flammenhaupt.
Sie lächelte als
Kind, das an Gebete glaubt.
Der Ursprung ihrer
Seele bringt Kristall zum Klingen.
Ich träum' sie
bebend, sanft, froh und voll Traurigkeit;
Ein Kleid trägt sie
aus Lilien und von Dunkelheit;
Wie ein Idol
zerbrechlich, ewig wie ein Gott,
Als Majestät, die
noch das Leben überbot.
Der Kuss verbrennt,
um ihre Füße noch zu weihen,
Im Feuerblütenkelch, gepflückt
von zweien.
Du schläfst
In meinen Händen
eingeschlossen das Gefunkel
wie einer Gemme. Dies
dein Haupt: vom Licht entfacht;
Ich stelle mir ein
Kleinod vor, des Licht und Dunkel
ich voller Andacht
lese, nur für mich betrachte.
In deinen Augen ich
vielleicht dein Leben las,
die wie zwei Filter
alle Traurigkeit behüten
in einem tiefen Paar
von zwei antiken Vasen.
Ich träumte, dein
Gesicht wär eine Marmorblüte.
Und wenn an deiner
Stirn, vom Mondeslicht gebleicht,
so wie ein Ungeheuer
auf dem stillen Teich
ein schwerer Traum
auftaucht, so schweigsam, so beträchtlich...
Ahh...
dann erschtreckt mich dein Gesicht, denn es erreicht
mich aus so lang verborgnem Leben, - und es gleicht...
ich weiß nicht
welchen Welten - ... namenlos und nächtlich.