Francesco Petrarca

1304 – 1374           Italien

 

In Übersetzungen von

Ludwig von Biegeleben

 

 

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Die vor den Schönen schön war, und erkoren,
Schon hier in Gottes Lieb' und Huld zu blühen,
Flog vor der Zeit zum Vaterland den frühen
Flug, und zum Sterne, dem Sie gleichgeboren.

Ich aber werde wach, und unverloren
Ist mir Ihr heilsam liebliches Bemühen,
Das meiner jugendlichen Wünsche Glühen
Zu meinem Wohl mit ernster Huld beschworen.

Ihr sei's gedankt, und Ihrem hohen Rathen:
In's schöne strenge Antlitz konnt' ich schauen
Brennend und doch das Heil der Seele suchend.

O wunderholde Kunst! preiswerthe Thaten!
Mit Worten ich, Sie mit dem Wink der Brauen,
Bereiteten, ich Ruhm Ihr, Sie mir Tugend.

 

 

 

 

Ihr, die ihr hört im viel zerstreuten Sange
Der Seufzer Ton, womit mein Herz ich nährte,
Solang mein erster Jugendirrthum währte -
Denn anders ward ich nun im Lebensgange: -

Wehklag' und Jubel nah'n in buntem Klange,
Wie's eitle Hoffnung, eitler Schmerz gewährte;
Doch, wem Erfahrung Liebesleid erklärte,
Er weigert Nachsicht, Mitleid selbst, nicht lange.

Wohl seh' ich nun, ich war in manchen Zeiten
Des Volkes Fabel; und die Wangen brennen
Vor Schaam mir, wenn ich beim Gedanken säume.

So kost' ich denn die Frucht der Eitelkeiten;
Beschämung, Reue, deutliches Erkennen:
Was  h i e r  gefiel, es sind nur kurze Träume

 

* mit Karl Kekule

 

 

 

 

 

Nun seht die gier'ge Babel überfließen
Von Gottes Zorn und schnöder Thaten Schwere!
Bacchus und Venus giebt sie Götter=Ehre
Und Zeus und Pallas hat sie längst verwiesen.

Jedwede Hoffnung hat sich falsch erwiesen;
Doch naht ein neuer Sultan nun dem Heere,
Und wird, - so frühe nicht, als ich's begehre, -
Zum einz'gen Sitz sein Bagdad sich erkiesen.

Die Götzen sinken dann zerstreut zur Erden,
Und mit den Thürmen, so dem Himmel grollen,
Frißt Gluth die Thürmer, außen so wie innen.

Und edle tugendreiche Seelen werden
Die Welt beherrschen, und das Gute wollen;
Die alte goldne Zeit wird neu beginnen.

 

 

 

In welchen Himmelskreisen und Ideen
Fand die Natur das Urbild, zu gestalten
Dieß schönste Antlitz, das, wie hoch ihr Walten
D o r t  o b e n  reicht,  h i e n i e d e n  lässet sehen?

Wer sah je Göttinnen im Hain, in Seen
Je Nymphen, lockigt Gold so rein entfalten?
Ein Herz je so viel Tugenden enthalten?
Muß auch ob Allem ich im Tod vergehen.

Vergebens sucht und sucht das göttlich Schöne
Wer nie gesehen  i h r e r  Augen Schimmer,
Wenn sie ihn regt von sanfter Hand umfächelt.

Wie Liebe heilt und tödtet, weiß der nimmer,
Der nimmer weiß, wie süß  i h r  Seufzer töne,
Und wie  s i e  lieblich spricht und lieblich lächelt.

 

* Mit Karl Kekule

 

 

 

O Tag, o Stund', o letzte Augenblicke!
O Sterne, gegen mich zum Raub verschworen!
O treuer Blick, war's dieß, was ich umfloren
Dich sah, von dir mich trennend und vom Glücke?

Damals war's noch nicht hell vor meinem Blicke;
Ich glaubt' - o Glaub' aus Traum und Schaum geboren! -
Mein Alles nicht, nur einen Theil, verloren;
Ach wie verweh'n im Winde die Geschicke!

Im Himmel war's entschieden und beschlossen,
Das Licht zu löschen, das mein Leben nährte,
Und stand im bittersüßen Blick geschrieben.

Doch war ein Schleier mir um's Haupt gegossen,
Der, was ich sah, zu seh'n mir nicht gewährte;
Und völlig ahnungslos bin ich geblieben.