Charlotte Smith

1749 – 1806           Großbritannien

http://www.bruck-grossglockner.at/buergerservice/aktuelles.html

 

 

& Dies krönt das Innerste

 

 

 

In Übersetzungen von

ZaunköniG

 

 

 

 

 

In Hafennähe, spät abends

Die rauhe Küste schwärt in dichten Dämpfen
und Nacht senkt sich aufs Meer stockschwarz und stumm.
Man hört dort einzig nur die Wellen kämpfen,
die sich auf ferne Felsen stürzen um

sich dort zu brechen, oder Stimmenfetzen
der Wachen, die in ihrer Barke hocken.
Aus tiefer Brust zu einem Lied ansetzen
und warten, warten auf den Schlag der Glocken.

Nur schwarze Schatten, doch ein klarer Strich
markiert die Brandung auf den flachen Strand
Von Weitem schwach die Schiffsbeleuchtung glimmt

wie Feenfeuer, das so oft an Land
die Wanderer verwirrt. Dem Irrlicht glich
oft die Vernunft, die unsren Weg bestimmt.

 

 

 

 

 

Mariengarn

Auf dürren Ginster spannen sich und Heide
leicht ausgedehnte Silberschleier, licht
verwogend in der trüben Luft. Es flicht
ein zartes Händepaar die feinste Seide.

Eintausend Sterne blinkt der Tau hervor;
sie schmücken die Textur im Weberrahmen
als ob dort Sylphen klagten, und es kamen
die Tränen ob dem welken Blütenflor.

Doch Wind frischt auf, das öde Moor empfängt
die Netze, flüchtig, so wie die verlornen
Phantasien, zu denen stets die Jugend drängt.

So stirbt ein Plan, den man im Glück gemacht,
der so fragil wie Tau nach einer kühlen Nacht
verläßt am Tag die Heide und die Dornen.

 

 

 

Meerblick

 

Fast wie gelehnt der Hochland-Schäfer liegt,

auf weichem Moos, der seinen Hang umwebt.

Und sanft der Himmel sich der Küste schmiegt,

als ob er segnend auf sie niederschwebt.

 

Die Sommersonne strahlt in Purpur-Farben,

im Westen spreizt sie gleißend ihre Flügel

und breitet gleißend ihre prächtgen Garben

flach über diese ländlich-heitren Hügel.

 

Doch steigt in Schwären die Dämonensaat

aus tiefstem Meeresgrund und droht mit Tod.

Dort treibt die Kriegsmarine wild und rot

 

ihr Feuerwerk zu neuer Schlachten Mahd,

beflecken Sieger sterbend diese Flut,

verderben Männer gutes Werk mit Blut.

 

 

 

An den Schlaf

 

Komm Schlaf, der müden Welt ein Zufluchtsort,

und streu auf matte Schläfen deinen Mohn,

bring Träume mir aus Morpheus' luft'gen Hort,

dem schweren Kopf die leichtere Vision.

 

Geteilte Kraft ist uns dein größter Segen,

wenn dir der Bauer auf der Pritsche frönt

wenn der Matrose, schwerem Sturm entgegen,

dich mehr genießt, als sei sein Haupt gekrönt.

 

Von ihres treuen Schäfers Arm umfangen

will sanft die Magd entschlummern. Ihnen allen

mag dein Zauber zur Beruhigung taugen,

 

die Arbeit, Freiheit, Liebe nachgegangen.

Nur mir enthältst du vor diesen Gefallen,

besänftigst nicht die Brust, und schließt nicht meine Augen.

 

 

Mond

 

In deinem Silberschein, du Königin,

genieße ich zu sinnen und zu schauen,

wie Wolken fliehn an deinem Hof dahin,

und sich dein Bild bricht, zitternd in den Auen.

 

Und während ich dein mildes Licht betrachte

haucht meine Brust dein sanfter Atem an.

Oft denk ich - zärtlicher Planet der Nacht -:

Der Mürbe findet Rast auf deiner Bahn;

 

Die Elenden der Welt gehn himmelwärts

nach ihrem Tod in deine milde Sphäre.

Die Kinder voll Verzweiflung und voll Schmerz

vergessen ihren bittren Kelch, die Schwere.

 

O könnte ich doch bald schon in dir ruhn,

Getriebene in mühevollem Tun.

 

 

 

Auf dem Kirchhof

 

O du, die schläft dort unterm Haselstrauch,

von frischem Gras und Veilchen zart gekleidet;

Du wirst vion mir um dieses Bett, und auch

um deine Ruhe, Mädchen, still beneidet.

 

Nie wieder soll, von Menschenleid bedrückt,

dein sanfter Geist noch Grund zu klagen finden

und keine Furcht, daß Hoffnungen dir schwinden,

grad in der Stunde, die dich je beglückt.

 

Leicht liegt das Moos auf deiner Jungfernbrust

und bleibt zu lieben und wahrhaft zu trauern.

Der Jüngling, der dein Herz als sein gewußt,

 

soll seine Tränen mit dem Tau vereinen.

Doch in ihm soll dein Bildnis überdauern

und deine Tugend stets lebendig sein.

 

 

 

Abgeschiedenheit

 

Es mag der Wanderer beneidet sein,

der ruhig geht durch Wald und Heideland,

wenn Sommer grad mit glühend heißer Hand

den dunklen Forst gekleidet und den Hain;

 

Wer unbesorgt die Stunden ziehen läßt,

Wo Wein und Wicken jeden Baum umschlingen;

auf Salbeikissen ruhend, wenn zum Singen

die Bienen anheben beim Blütenfest;

 

Wer auf dem Felsen seine Bettstatt findet,

mit Farn bemäntelt, weidenüberhangen

sein Weg; wer sich von jedem Wunsch entbindet,

nach dieser schlechten Welt, dem Einsicht aufgegangen,

 

was diese Ruhe für ein Segen ist

im Wald, dem ist mein Wohlwollen gewiß.

 

 

 

Sorgen

 

Mag auch der Wanderer unterwegs ermüden,

so kann er rasten in den schwülen Stunden,

Er pflückt von wilden Rosenranken Blüten

obwohl sein Pfad durch Dorngestrüpp gewunden.

 

Sieht er die Blumen in der Szenerie;

sein Leid vergessend gibt er sich der Gunst.

So sucht' ich deine Blüten, Poesie,

in Freundschaft meinen Weg zu geh'n und Kunst.

 

Doch dunkler steigt mein Unglückstag und trüber,

und neue böse Wolken wehn herüber;

Ich werf den Stift der Schreckensbilder fort

 

und trage meine Hoffnungen zu Grabe.

an diesem Ufer find ich stillen Hort
wo Sorgenspuk dereinst ein Ende habe.

 

Nichtigkeit des Lebens

 

Erschöpft den Wanderer der Blick nach vorn,

und rastet er kurz in den schwülen Stunden,

freut er sich, ist sein Pfad auch Stein und Dorn,

am wilden Geißblatt, das er hier gefunden.

 

Im Schatten hat er manchen Kranz gewunden,

vergaß sein Leid; So auch hab ich gepflückt

vom Flor der Poesie, den Strauß gebunden,

daß Freundschaft, Muße mich am Weg entzückt.

 

Doch jeden Tag der Weg sich dunkler dehnt,

von dunklen Wolken überwölbt des Bösen.

Die Phantasie wirft ihre Feder fort

und Hoffnung müde sich am Grabstein lehnt.

Sie richtet meine Wünsche auf den Ort,

wo sich die Alpgespenster von mir lösen.

 

 

 

 

 

 

Im Freien, während der Weiler schläft

 

Wenn ich umherzieh so in meinem Kummer,

dem Ort entflieh, jedoch nicht meinem Fluche,

ruhn Magd und Knecht des Dorfs im süßen Schlummer,

den ich zu kosten nur vergeblich suche.

 

Der Weiler schläft bei schwachen Feuern ein,

die ich durch kleine Butzenscheiben seh',

aus einer Kate, als der Mondenschein

neu Glanz verleiht dem strahlend hellen Schnee.

 

Inmitten kalter Öde acht' ich nicht

wohin mein hoffnungsloser Pfad mich führt.

Mich führt des Abends fahles Augenlicht

nicht heim. Der Weg, dem ich müd nachgespürt,

 

zielt nur in Dunkelheit und neue Sorgen.

Ich flieh von Zweifel zur Verzweiflung Morgen.

 

 

 

 

 

 

An die Göttin der Pflanzenwelt

 

Der List und Torheit überdrüssig grade,

verschreckt von der Gewalt, die allem Leben

den Frieden nimmt; dies für dich aufzugeben -

 - für immer - um bei dir, sanfte Najade

 

Asyl zu nehmen; tränenmüd, verquollen

die Augen, such ich linden Schatten, schöne

Glocken, Lanzen, ungezählte Töne,

Ruhe, die ich schöpfte aus der vollen

 

Vielfalt, taugenährt aus deinen Händen.

Ein jedes Blatt sehnt sich nach dir, in Feldern,

in Wiesen, Gärten, unberührten Wäldern.

 

Dies sehnen schläft im Moos an Höhlenwänden,

es fließt in klaren Flüssen, kleidet Kliffe

und es durchströmt des Merrs Korallenriffe.

 

 

 

 

Auf den Fortzug der Nachtigall

 

Adieu, des Waldes lieblicher Poet,

Lebwohl du Minnesänger junger Jahre;

Es dauert, bis du wieder singst die klare

Musik, die in der tauben Nacht verweht.

 

Kehrst du im Lenz zurück aus fremdem Land?

Weilst du die Wintermonde still im Hag?

Die Muse halte über dich die Hand,

den Klang zu wahren, den sie so sehr mag.

 

Behutsam soll'n die Liebeskranken gehen

und an dein weich bemoostes Nestchen dringen,

doch kein profanes Auge soll dich sehen,

die du von Mitleid kannst am besten singen.

 

Nur dein Gesang kann das Gefühl bewegen,

zu wahrem Liebesleid und Liebessegen.

 

 

 

 

Spielende Kinder

Seufzend sehe ich beim Spiel die kleine Meute,
vom Leid noch ungerührt, noch leicht beschwingt
Im freien Spiel genießen sie das Heute,
zufrieden, sorglos, was die Zukunft bringt.

Oh, frohes Alter, dem dem Hoffnung strahlt
auf grünem Weg, daß leichte Freude werde,
Bis man die Zuversicht durch Dornen zahlt,
dem Pilger stete Plage auf der Erde,

der schon die Stunde der Geburt bereut,
die ihn in eine Welt warf voller Schmerz,
dort wo beständig nur der Irrtum gut gedeiht
und falschen Stolz umsonst bekämpft das Herz.

Ihr Kinder, welches Los ereilt euch morgen?
Mein Auge schwimmt in Tränen voller Sorgen.

 

 

Gesegnet ist der Schäfer, in den Hang gelehnt,
zu sehn wie Wolken sich vorüberschieben,
der, dessen Geist sich bis zu ihnen dehnt
und uns erzählt von ländlich wahrer Liebe!

Er fühlte nie des Geistes üble Leiden,
wenn man die Ignoranz des Freundes schaut,
auf den die Seele arglos hat gebaut
und dessen Augen seine Blicke meiden.

Mit Häme wird, wer Trost sucht, überzogen;
und wem zum Weinen ist, der wird verlacht.
Nicht mal ein reines frohes Kinderlachen
kann noch Gefühl im harten Herz entfachen,
das pfeilgenau trifft, spannt sich erst der Bogen,
das dich mit Trug vergiftet und verachtet.

 

Gewarnt vor einem Felsvorsprung über der See,
weil der von einem Mondsüchtigen aufgesucht wird.



Ist er allein, der zu den Klippen hastet,
dort innehält, hinausschaut, wortlos misst
mit einem leeren Blick und sich ertastet
den Abstand, wie tief wohl die Brandung ist.

Wer mag wohl in des Seewinds stetem Klagen,
der oft sein Bett im Hochlandgras verkühlt,
in dem die heiseren Lamentos lagen,
mit dieser Springflut sprechen die da wühlt?

Voll Schwermut seh ich ihn am Fels entrückt
und fühle in mir eher Neid als Bangen.
Kein noch so kleines Glück hält ihn zurück
vor diesem Grau'n. Jäh ist er's angegangen.

Er scheint (Bewußtlos) gar nicht zu verstehen
die Tiefe und die Dauer seiner Wehen.