George Meredith
1828 – 1909 Großbritannien
In Nachdichtungen von
ZaunköniG
Luzifer im Sternlicht
Prinz Luzifer stieg auf in klarer Sternennacht,
so überdrüssig seinem Reich, schwang sich der Feind
über den Erdenball, der wolkig widerscheint,
und Seelen, die er sich als Beute ausgemacht
für seinen Hochmut, der noch immer brennt so heiß.
Nun sieht er über seinen Flügel in den West,
Nun Afrika er seine Größe ahnen läßt,
Der schwarze Stern beschattet nun der Arktis Eis.
Sich höher hebend spürt er, welchen Schmerz er zollte,
der Allmacht und er zählt die Narben der Revolte.
Er kommt auf halbe Höhe, zu den Sternen jetzt,
die Geist des Himmels sind, Er sah sie und er sank.
Er stürzt auf immer gleichen Bahnen Rang für Rang,
die ihm befohlen durch das ewige Gesetz.
Bilder
vom Rhein
1
Den Geistern bleibt Romantik stets unsterblich,
die sich ein reines Kindsgemüt erhalten,
so wie die Rosendüfte unverderblich
sich in verstreuten Blättchen noch entfalten
zur mythischen Verehrung, denn dort scheint
den Toten etwas, das nicht sterben kann.
Es mutet wie ein Trauerschimmer an,
bevor das Auge überläuft und weint.
Schönheit erneuert sich auf manche Weise:
Die Blüte welkt, die andre neu entsprang,
die sich als ein Symbol der Landschaft zeigt,
wie sich ein sanfter Sonnenuntergang
mit aller Pracht vergehnder Tage
neigt,
so offensichtlich, ungestört und leise.
2
Wie schön war's hinter einem Weissweinhang
zu liegen, auf den sanft geneigten Matten.
In eines Blätterdaches mildem Schatten,
im Grünen friedlich murmelnd seinen Dank,
zu steigen rings die Berge anzusehn,
mit Raum für strahlend reiche Blumenwiesen,
erfrischt seh ich den Strom gewunden fließen
und Bäume ab und zu in jungem Grün.
Die Siedlungsdächer über weiß und blau
geteilt in malerisches Holzgefache,
und der feudale Glanz von den Ruinen
besonnter Türmchen, Kuppeln und von Zinnen,
genießend eine wechselvolle Wolkenschau.
Hier so zu liegen ist 'ne feine Sache.
3
Der Wind frischt auf, der unsre Segel füllt;
Am Strom steht uns ein schöner Tag bevor.
Salut! Wir ziehn vorbei an St. Goar,
das sich in nebeliges Dämmern hüllt.
Der Fluß ist unser! Siehe, wie die Sonne
nun safrangelb erwärmt die Atmosphäre,
die ihren Schleier hebt, wie eine Nonne
und in die Hänge schaut, die sich verklären.
Die Lärche singt, der Weinberg ist in Sicht;
Mit leichtem Sinn verbreitert sich der Fluß
und rückt die Inseln in das rechte Licht.
Die Stimmen heben an zu einem Kuß; -
War jemals so ein Morgen, schön wie heute?
Die Vögel singen, Blumendüfte, Bäume leuchten auf vor Freude!
4
In den geliebten Hügeln liegt sie und
mitunter eine Rose dort entspringt.
Die Nonnenwerth: Wie
ein verzaubert Ding
steigt sie kristallen von des Stromes Grund.
Das Wasser sich allseiten
wölbt und bäumt,
doch auf der Insel ist es still. Zu schweben
scheint nur ein selig Lächeln, das das Leben
dort segnet, das sich friedlich drauf
verträumt.
So schön ist's dort im dunklen Gras der Aue,
wo sich umarmen Zweig und Reis der Weiden,
wo Elfen um die frühen Blüten minnen;
oder auch mit angespannter Braue
über die sagenhafte Zeit zu sinnen,
die Schwüre Hildegards und Rolands
Liebesleiden.
5
Horch! Wie die bittre
Winterbrise schnauft,
längs scharfen Felsen und halbhoher Wellen,
wie in dem Klippenwald die Zweige gellend
peitschen, und an jeder Höhlung schwellen
die Wasser eisig sprudelnd steil hinauf,
verwirbeln munter bis zum Überlauf.
Die Echos widerrufen fernen
Schreien
aus Dämmerungen, grau und bleien.
Wenn Wolken warm den Himmel überschneien
mit Bildern güldnen
Glanzes überhäuft.
Mit Glitter sind die Felder dicht bestaubt.
Die unberührten Berge scheinen kühl,
die Pfade durch das Hochland schneeverhüllt,
und ständig diese Winterbrise schnaubt.
6
Die Lieblichkeiten
des Verfalls sind selten!
Dem jungen, Schönen muß man Huld erbringen,
doch ist's der Charme von lang vergangnen Dingen,
die, uns verlassend, noch das Licht beseelten:
Die Ruhe von Gemälden: In den Grauen
Ruinen lebt nur noch Erinnerung,
wie ein Phantom, das Phantasien durchdrungen,
mit Blätterranken über ihren Brauen,
die Türmchen und Kavernen überschreitet.
Sie schwankt wie jene. Während Stein für Stein
die letzten Requisiten fallen, ein
erhitzter Sonnenstrahl sich schwer verbreitet,
behaupten sich in rauem Stolz die Zeiten.
und Brautwein trinkt sie, süß, von beiden
Seiten.