Charles Baudelaire

1821 – 1867           Frankreich

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                                               In Übersetzungen von

ZaunköniG

 

 

 

 

Gedankenschwer

Bedenke, meine Schwermut, und beruhige dich:
Du wünschtest dir den Abend. Siehe: Er bricht an,
als trüber Schleier, der sich in die Städte schlich,
und diesem Schlaf schenkt, jenen nur bekümmern kann.

Wo sich der Hauf gemeiner Sterblicher bedrängt,
von Lüsten angetrieben, roh und ungeschlacht,
wird letztlich nur ein Kelch des Ekels ausgeschenkt;
Komm mit mir, meine Schwermut in die stille Nacht.


Nur fort von hier - Die Reihe der vergangnen Jahre
gemessen vom Balkon des hohen Himmels sieht.
Aus dunklen Wassern steigt Bedauern mild empor,

Die Sonne siecht, schaut müde durch die alten Tore.
Nun schau die Nacht, wie sie als Tuch der Totenbahre,
geliebte Schwermut, sacht von Ost das Land bezieht.

 

 

 

Die Dunkelheit

 

In den Cavernen unergründlicher Tristess,

(mein Schicksal wies mich in die Dunkelkammer ein)

die nie erreicht des Morgens zarter rosa Schein,

alleine mit der Nacht, der launischen Hostess,

 

bin ich ein Maler, dessen hohnverliebter Gott

die Kohle reicht und wählt die schwarze Leinwand aus;

wo mir ein Koch zum alltäglichen Trauerschmaus

mein eignes Herz serviert zu essen, gut gesotten.

 

Da blitzen mir Momente auf und werden lang;

Ein weites Feld von Pracht und Anmut liegt darin.

In solchen Träumen, ostwärts richte ich den Gang,

doch einmal aufgerichtet, sichtbar voll und ganz,

erkenne ich die Anmut der Besucherin,

der Fee des Ostens, schwarz in mythisch hellem Glanz.

 

 

 

Vorüber

Ein Lärm war um mich, der sich durch die Straße schob,
als eine Hochgewachsene an mir vorüberschritt,
die, Haltung wahrend, tief an einer Trauer litt
und mit der Hand den rauschend vollen Rocksaum hob.

Wie eine Statue hat sie Bein vor Bein gesetzt;
Ich aber mußte wild verzückt aus ihren Augen
die Wetter eines schwerverhangnen Himmels saugen:
die Süße, die verlockt; die Lust die mich zersetzt.

Ein Blitz, - dann ging die Schönheit in das Dunkel hin,
aus deren Blick ich grade neu geboren bin.
Soll ich dich in der Ewigkeit erst wiedersehen?

Im Irgendwo? Im Irgendwann? Vielleicht auch nie?
Wir wissen voneinander nicht, wohin wir gehen;
Du, die ich lieben könnte, ja - du wußtest wie!

 

 

 

Lunas Melancholie

 

Der Mondin Traum speist sich aus müßigeren Launen.

Wie eine Schöne, deren nachlässige Hand

in ihrem Schlummerpfuhl aus angehäuften Daunen

ersterbend matt den Umriss ihres Busens fand.

 

Auf den gebauschten Rücken seidiger Lawinen

dahinzudämmern, überläßt sie sich den Träumen.

Die Augen schweifen, denen Schemen bleich erschienen,

im Himmelsblau durch aufsteigende Blütenschäume.

 

Wenn sie aus dieser müden Sphäre manche Male

mit einer ausgelösten Träne kühl umwirkt

die hohle Hand des frommen Dichters, birgt

er, Feind des Schlafes, sie, gerührt und fasziniert

vom blassen Schimmer irisierender Opale

im Herz, wohin kein Sonnenstrahl sich je verliert.

 

 

 

Die kranke Muse

 

Ach, Ärmste! Wirst du diesen Morgen noch erleben?

Von Nachtgesichten heimgesucht, die Augen hohl,

verschattet sich dein Teint; Allmählich hat sich wohl

dein Blick dem Wahn und Abscheu kühl und stumm ergeben.

 

Sind Succubi mit rosa Kobolden im Bunde,

von deiner Leidenschaft und deiner Angst entzückt?

Ist's eines Nachtmars Faust, die dich despotisch drückt,

daß du ertrinkest in Minturnos Mythengrunde?

 

Den flieh'nden Atem segne ich, dir zur Gesundung,

dem flachen Busen zu erneuter voller Rundung

und rythmisch flute auch dein Blut dagegen an,

 

wie in antiken Versen töne zahlreich wieder,

worin regieren all die Urväter der Lieder,

ob Phoebus, oder unser großer Schnitter Pan.