Tiel Aisha Ansari
USA
In Nachdichtungen von
ZaunköniG
Versteinertes Holz
Viel härter als Karbonstahl, und darum
gleicht's keinem Holz. Sag, welches zarte Grün
erwächst aus steinkalt gelbem Kambium?
Mit Ringen, sieben fett und sieben dünn,
ruft's Überfluß- und
Dürrezeiten wach.
Der Quarz dringt ein, der weiß den Riss durchzieht,
in welchen zackig einst ein Blitz gekracht.
Dein letztes Lager: Montmorillionit.
Der Tonaustausch macht einen Baum zu Stein.
Bei Fleisch nur war Medusa effektiv,
doch Ton dringt unbesehen in alles ein,
bis es am Ende mineralisiert.
Nun ein Skelett, komplett und farbcodiert,
für das verlorne Leben als Archiv.
Lot's Weib
Sieh, wie die Statue in halber Drehung stand.
In ihren Zügen ist der Schreck zu Salz erstarrt,
die Hände halb erhoben, sieht sie, wie der Brand
die Heimat frißt, sucht, wie sie ihren Blick bewahrt.
Die Priester nennen Neugier ihre Todesfalle,
die sie verleitete, daß sie sich rückwärts wand
und wurde zu einer Skulptur aus salzkristallen.
Doch kann es auch entsetzlich sein, wird man verbannt,
so wie entwurzelt manche Blume dörrt und bleicht.
Nie gäben sie von selbst die Heimaterde auf.
Und so zerweint sie sich mit jedem Regentropfen.
Die Hände sind, konturlos, langsam aufgeweicht,
kann Sodoms Tochter Hoffnung auf den Frieden
schöpfen.
Es lösen mit der Säule sich die Schmerzen auf.
Ich bin nicht aus dem
Treibhaus, zahm gemacht,
steril, zu
Vorhangstoff aus rotem Samt.
Ich wuchs noch wild! Ein
rauhes Banner rahmt
mein Haupt, von
messerscharfem Dorn bewacht
vor Vögeln, Tieren,
unbedachtem Tritt.
Gleicht dieses
Blütenblatt geliebten Lippen?
Nein, die sind
weicher. Auf mir Bienen mit
dem Kratzfuß landen,
wenn du küsst mit Nippen.
August soll’n
scharlachrote Früchte reifen
Und jede trocknen als
ein Samenstand.
Legionen in den
Hagebutten sitzen
Um wurzelnd nach
entferntem Feld zu greifen.
Denk nicht dran, mich
zu pflücken, jede Hand,
die mir zu nah kommt
will ich blutig ritzen.
Mir wird die Zunge
schwer von dem Gebräu,
das Hirn vergiftet
von Resignation.
Ein kalter Kaffee,
Flaschen Depression
und ein Schuß Neid ins Glas voll schlechtem Neuen,
bedaure ich mich um
dies Tief. Der Hopfen
verätzt mein Herz,
der Brand Fermentation
und das Aroma nimmt
mich mit davon
in der Spelunke Zum
Rotblonden Tropfen.
Erst wenn wir
glauben, nichts mehr zu verlieren,
entläd
der Sprudel sich unter dem Pfropfen,
vergessene Probleme
jäh moussieren.
Gebannt im Schaum wir
sie hinuntersaufen.
Ein Blutsturz läßt sie durch die Kehle laufen
In der Spelunke Zum
Rotblonden Tropfen
Der Ton meines Gemüts
ist Stille. – Wind
Streicht durch die
hohlen Bäume, Sand und Kiesel
Im Flußbett und die samensosen
Disteln
Verzieren meinen
Kiefer. Und er grient
Aus bleichem Schädel
nur die Tundra an.
Lavendel dämmerts und die Welt wird fahl.
Ein Wolkenriß im West, ein schmaler Strahl
Wirft einen roten
Glanz auf meinen Zahn.
Der Donner meiner
Tritte ist verstummt.
Der Himmel bricht
sich durch mein Cranium.
Ich warte, bis der
Regen kommt aufs Neue,
den leeren Augen
wiedergibt die Bläue.
Der starren
Augenhöhle Elfenbein
Umschließt den Holzschaft und gerieften Stein.
Die Hitze flimmert
über der Prairie,
zu Säulen hat sich
Heißluft aufgerichtet.
Ein Wirbel von
Kristallen aufwärts zieht,
der bald sich zum
Gewittersturm verdichtet,
der mit Tromben
unheilschwanger brütet
und Häuser
niederwirft wie reife Gerste.
Wer glaubte, daß die leichte Luft so wütet,
daß
von geschossnen Halmen Scheiben bersten.
Mit Staub und Ferdern spiel'n rasante Böen,
die am Gefieder von
den Geiern reißen,
die oberhalb des
Sturmgewoges kreisen
als Warnung. Bald
schon ist die Wolkenschicht
zerfetzt vom
Widerhall des fernen Dröhnen:
Der Hammerschlag von
Gottes Strafgericht.
Verstimmt
Wo ist nun dieses Photo-Lächeln hin
in schwarz und weiß, noch gestern war es mein;
die Honigstimme, Herzen sind darin
zerschmolzen; und der Augen helle Schein,
so liebevoll? Ich konnte sie erweichen,
sie suchten Liebe in Erinnerungen.
Mein Lächeln wurde ihnen so zum Zeichen,
bis ihr Gefühl als Melodie erklungen.
Die Zeit hat längst mein Elfenbein zersplisst,
die Tasten klingen heute nur in Moll,
verstimmt die ganze Reihe, Riß an Riß.
Mein Klang war einstmals makellos und voll.
Ein Lächeln, sagt man, jedes Herz erschließt,
doch meins hat seine Schlüssel eingebüßt.
Pandoras
Büchse war voll Schmetterlinge,
nicht mehr. Der
Streit, das Alter, jedes Grauen,
der Tod: Erlogen sind
die üblen Dinge.
Und Hoffnung? Einzig
gutes Werk der Frauen
und ihrer Neugier? –
Hatte sie doch schon.
Das war der Grund, daß sie die Box erbrach.
Sie fand die Erde
trist und monoton,
doch wußte auch, sie wäre bunt danach.
Kein Schloß verhindert' daß sie danach
griffe,
kein gutgemeinter
ehelicher Rat,
"rühr sie nicht
an". - Sie kennt die feinen Kniffe:
Sie fordert nichts.
Doch sanft wie sie ihn bat,
bewegt sich Epimetheus starre Haltung
und er erduldet
manche Umgestaltung.
Sonett der
Froschliebe
Im Regen ist des
Sommers Glast vergangen;
Die Farne wieder ihre
Köpfe heben.
Die herbstlich
rot-orangenen Farben leben,
bezeugen
ungesättigtes Verlangen.
Heiß bricht das Leben
immer neu hervor.
Die Bäume atmen noch
im Winterkleide
wenn überreifft bald Fluß und
Wetterscheide
und nur noch
nachhallt leis der Rana-Chor.
Du liebst des
Frühlings warmen Sonnenton,
doch schätze auch,
was dir die Herbstzeit bringt:
Gedämpft, doch nicht erloschen die Passion,
Das heiße Herz, schon
klamm, noch nicht ertrinkt.
Durch deine Augen
huscht ein Feuergeist:
Ein Scharlachblatt
den Weg zum Himmel weist...
Die Zelle braucht die
Nachbarn zum Erwerb
von Energie, wie
diese sich ernähren
durch Raub, sodass
durch harten Wettbewerb
die Automaten wachsen
und versehren, -
wie Roboter die Schrott zusammenkehren
auf Friedhöfen
verrosteter Maschinen.
Als Kunstherz müssen
alte Teile dienen,
die todbringenden
Streiche abzuwehren.
Der Urzustand
entscheidet das ergehen.
Er ist berechenbar, wenn
auch komplex.
Stabile Formen mögen
so entstehen
und Chaos, haben dann
zwei Gleiter Sex.
Doch auf den Namen
gib nicht allzu viel.
Ihr Leben ist
tatsächlich nur ein Spiel.
Flüsse der Prärie
Der Erde Bräute gehn in grünenden Gewändern,
als sei'n sie scheu, in grüne Schleier eingehüllt.
ihr Lächeln spricht
von Gaben aus den fernsten Ländern;
im Antlitz spiegelt
sich sich der Himmel, braun und mild.
Das ausgedörrte Land
lebt auf durch die Berührung.
Dies ist der Grund,
weshalb sie in Mäandern liegen:
Die kurven zeigen
Fruchtbarkeit und sind Verführung,
die sich an ihres
Liebhabers Konturen schmiegen.
Du wirst dort
Liebevolle Landschaften entdecken,
wo Wasserlauf und
Erde zärtlich sich umarmen.
Nicht wie die Küsten,
wo sich raue Wellen recken,
daß
ihre Steingesichter in der Gischt verharmen.
Die sanften Ebenen
sind Kind Kindern wie ein Segen:
Sie lachen wie die
Sonne, weinen wie der Regen.
"Verlasst euch
nicht auf Fürsten" steht's geschrieben.
King James wird's
nicht gefallen. Es wär frech.
In seinem Zorn könnt
es den Hals mir brechen.
Schreib Parlament
statt Fürst und ruhig bliebe
der Sturm des Souverän. Die Änderung
bewahrt mir den
verwirrten Kopf zunächst,
doch sie verfälscht
den vorgelegten Text.
Ich lass es durch als
schlechte Näherung.
Die Schrift, kopiert
von mancher laxen Hand,
in Zeichen mancher
Sprache, manchem Land
ist kein Exempel, das
für Sorgfalt spricht.
Doch wissentlich ihr
falschen Sinn zu leihen
durch meine Arbeit wär'
nicht zu verzeihen.
So schreib ich, was
ich seh' und bau' auf Dich.
Kirchenfenster
Wie ich die Füße heute laufen lass'
seh' ich die Bäume
neu als Farbenfunken,
entflammt durch einer Kirche Fensterglas
und als gebroch'ne
Schatten hingesunken.
Ich gehe weiter, es verschwindet bald
der hohle Straßenzug aus dem Gedächtnis,
wie auch das Klacken meines Schritts verhallt.
Wer wird mir folgen? Dies ist mein
Vermächtnis:
Ein Schatten bricht sich auf geriss'ner Wand,
ein Wolkenrest mit ausgefranstem Rand
im Sturm, und steinern eine Palisade,
zerteilt im Traum, in heiliger Rotunde.
Des Mondes Sichel in der Geisterstunde,
ein Kampf und eines Augenblickes Gnade.