William Shakespeare

1564 – 1616           England

 

 

In Übersetzungen von:

Ludwig Tieck

 

 

 

18.

 

Wie soll ich nicht vergleichen dich dem Lenze?

Du hast mehr Dauer und mehr Lieblichkeit:

Der Sturm zerreißt des Mayen schönste Kränze

Und Frühlings Herrschaft währt zu kurze Zeit.

 

Zu glühen scheint das Aug’ uns oft der Welt,

Des goldnen Glanz uns Dunkel oft entrückt,

Jedwedes Schön vor seinem Schein verfällt,

Durch Zufall, durch Naturwandlung entschmückt;

 

Doch nimmer soll dein ewger Lenzz entschwinden,

Die Schöne nie verlieren, die dein eigen;

Des stolzen Tod’s Verfinstrung dich nicht finden,

Wenn ewge Reime dich der Zeit verzweigen:

 

So lang ein Auge sieht, die Lippe spricht,

Belebt dich dies unsterbliche Gedicht.