William Shakespeare

1564 – 1616           England

 

 

In Übersetzungen von

Andreas Schumacher

 

 

 

18.

 

Vergleich’ ich dich mit einem Sommertage?

Nein – liebreicher und milder bist du ja!

Verstört ihn Sturm doch oft mit Einem Schlage,

Und seiner Lust steht das Vergehn zu nah!

 

Oft sengt des Himmels Auge heiß und glühend,

Und öfter ist sein golden Licht getrübt.

Schönheit an Schönheit stirbt ihm hin verblühend –

Je wie Natur und Zufall Wandel übet.

 

Dir soll dein ew’ger Frühling nie ermatten,

Und deiner Schönheit Blume wird er wahren,

Der Tod nie rühm’: „Ihn decken meine Schatten!“

Dich bring’ ein ewig Lied zu hohen Jahren.

 

So lang die Welt steht und ein Hauch wird wehen,

Wird weder dieß – noch du zu Grunde gehen!

 

 

66.

 

Wohl ruf’ ich wunden Herzens nach dem Tod!

Denn wer zum Betteln sieht Verdienst geboren,

All ohne Zier des Erdenkindes Not, -

Und heil’ge Treu’, unselig abgeschworen;

 

Wer schaut, wie sich in Gold die Schande kleidet,

Wie Frauentugend muß dem Wüstling dienen,

Wie das Vollkommne bittren Hohn erleidet,

Und der ohnmächt’ge Feige zwingt den Kühnen;

 

Und wie verdammt zur Knechtschaft ist der Geist,

Und Unverstand genießt des Weisen Recht,

Und wie Einfalt und Treu’ einfältig heißt,

Und schlechtem Herrn gehorcht der bessre Knecht: -

 

Dem krankt das Herz! fern möcht’ ich diesem sein,

Doch, ließ’ ich sterbend dich, mein Heil, allein?