1475 - 1564
In Übersetzungen von:
Mit deinen Augen seh ich süßes Licht,
das ich mit meinen blinden nicht mehr schaue,
und, das ich, lahm, zu tragen mich getraue,
mit deinen Füßen trag ich dies Gewicht.
Dem Federlosen giebt dein Flügel halt,
dein Geist weiß mich zum Himmel zu entfachen,
du hast die Macht, mich rot und blaß zu machen,
im Froste heiß und in der Sonne kalt.
In deinem Willen ist mein Wille drin,
mein Denken wird in deiner Brust bereitet,
in meine Worte weht dein Atem ein.
Es scheint, daß ich dem Monde ähnlich bin,
den unser Auge oben nur begleitet,
soweit die Sonne ihn versieht mit Schein.
Der, welcher, nicht aus irgend einem Dinge,
die Zeit erschuf, die vorher war für keinen,
teilte sie so, daß hier die Sonne ginge,
und nahe neben hat der Mond zu scheinen.
Sofort entstand, aus jedem Boden brechend,
Geschick und Zufall auf den beiden Seiten,
und mir bestimmte man die Dunkelheiten
meiner Geburt und Wiegenzeit entsprechend.
Und so wie einer, der sich selber äfft,
noch dunkler wird, wenn schon die Nacht genügte,
beklag ich noch mein schwärzliches Geschäft.
Doch ward mir Trost gewährt: es tagt mir heiter,
seit sich zu meiner Nacht die Sonne fügte,
die dir gegeben wurde zum Begleiter.
Gut zu den andern, zu sich selber schlecht,
entsteht ein niedrer Wurm, der unter Qualen
die Hand uns kleiden kann mit seinen Schalen,
und erst sein Tod giebt seinem Dasein Recht.
Wollte doch so mein Schicksal meines Herrn
Lebendigkeit in mein Verbliebnes kleiden;
wie sich die schlangen aus den Häuten scheiden,
verstürb ich und verwandelte mich gern.
O wäre meine Haut doch nicht zu hären,
Gewand zu sein, und zög sich selig zu
um diesen Busen, wenn ich erst vergehe;
dann hätt ich ihn bei Tage. Oder Schuh,
die Untersatz für ihn und Säulen wären:
so trüg ich wenigstens zwei reine Schnee
Ich weiß in deinem Antlitz zu gewahren,
was Ausdruck kaum in diesem Leben leidet.
Die Seele, mit dem Fleische noch bekleidet,
ist mehrmals schon damit zu Gott gefahren.
Und wenn der Pöbel, klein, gemein und leer,
den andern dessen, was er fühlt, bezichtigt,
ist tiefer Wille dadurch nicht entwichtigt,
nicht Liebe, Treu und ehrliche Begehr.
Zum Gnadenquell, aus welchem alle stammen,
kommt jede Schönheit. Weil dort mehr sich zeigt,
finden sich dort Verständigte zusammen.
Nicht andre Früchte giebt es, noch Beweise
des Himmels hier. Wer treu Euch liebt, der steigt
zu Gott empor und macht den Tod sich leise.
Mir einzubilden anderes Gebild
aus Schatten oder Erde ist mir eben
in meinem höchsten Denken nicht gegeben,
so daß es wider deine Schönheit gilt.
Von dir gekehrt, schein ich mir gleich ganz schwach.
Rasch hat der Gott mir allen Wert entzogen.
Mein Elend, um die Linderung betrogen,
verdoppelt sich und giebt dem Tode nach.
So ist es sinnlos, daß ich im erschrocknen
Entfliehn beharre und das Gegen-Schöne
antreibe. Schnellres holt das Lahme ein.
Der Gott kommt selber mir die Augen trocknen,
verspricht, daß ich mich aller Not versöhne;
was so viel kostet, kann nicht wenig sein.
Wenn dieses Feuer ihrer Schönheit gliche,
Das unerhört aus Euren Augen bricht,
So müßten ganz vereiste Himmelsstriche
Auf einmal brennend stehn in heißem Licht.
der Himmel aber – denn wir tun ihm leid –
Um unser sterblich Leben nicht zu stören,
Läßt aller Schönheit – Euch darf sie gehören –
Nur einen Teil in unsre Sichtbarkeit.
So gleicht das Feuer nicht der Schönheit stets.
Ob einer jene himmlische erkenne,
Hängt ab davon, wie weit er für sie passe.
In meinem Alter aber, Herr, so gehts:
Wenns scheint, daß ich nicht tödlich für Euch brenne,
So brenn ich wenig, weil ich wenig fasse.
Schon angelangt ist meines Herzens Fahrt
Im schlechten Schiff durch Stürme übers Meer
Am Hafen Aller, wo die Wiederkehr
Nicht Einem harte Rechenschaft erspart.
Da seh ich nun die Phantasie, die oft
Als Abgott thronte durch der Künste Gnaden,
Wie falsch sie war, von Irrtum überladen,
Und was ein jeder, sich zum Nachteil, hofft.
Verliebtes Denken, einstens froh und leer,
Was ist mirs jetzt vor zweien Toden wert?
Des einen bin ich sicher, einer droht.
Malen und Bilden stillt jetzt längst nicht mehr
Die Seele, jener Liebe zugekehrt,
Die offen uns am Kreuz die Arme bot.
Hätt
ich geahnt, als ich zuerst Dich schaute daß
mich die warme Sonne Deiner Blicke Verjüngen
würde und mit dem Geschicke Feuriger
Glut im Alter noch betraute, Ich wäre, wie der Hirsch, der Luchs, der Panther Entflohen jeder schnöden Schicksalstücke und wäre hingeeilt zu meinem Glücke, Längst wären wir begegnet dann einander ! Doch
warum gräm ich mich, wo ich nun finde In
Deinen Engelsaugen meinen Frieden, All
meine Ruhe und mein ganzes Heil ? Vielleicht
wär damals mir dies Angebinde noch
nicht geworden, das mir nun beschieden, |
Hätt ich
geglaubt, es wird, wenn ich sie seh, mir diese Seele
gleich zum Neugestalter, durch die ich,
wie in seinem höchsten Alter der Phönix, brenne
und in Flammen steh, so, wie der
schnellste Hirsch, Luchs, Leopard die schlechten
flieht und eilt zu guten Orten, zu ihrem
Handeln, Lachen, ihren Worten wär ich
gestürzt. Spät Eiligseit ist hart. Doch was noch
klagen. Seh ich nicht genug in dieses einen
heitren Engels Augen Frieden für mich
und Ruh und Seligkeit? Vielleicht wärs
ärger, ihn zu frührer Zeit gesehn zu haben,
ohne ihm zu taugen; da ich ihm jetzt
gewachsen bin im Flug. |
Sieht durch die Augen man im
Angesicht
des Herz, so brauchts nicht
anderen Beweis
für meine Flamme; Grund
genügend seis,
mein teurer Herr, daß deine
Huld mir spricht.
Vielleicht, daß mir dein
Geist, noch mehr gewillt,
als ich vermute, sieht er, wie
ich lauter
entbrannt bin, nachgiebt,
schneller und vertrauter,
denn wer gut fleht, wird
überaus gestillt.
Glückseliger Tag, da dies
gesichert schiene!
Mit einem Ruck anhielten in
den alten
Geleisen sonnen und gewohnte
Zeiten.
Mir aber wäre, was ich nicht
verdiene:
für immer meinen süßen Herrn
zu halten
in diesen Armen, den ihm weit
bereiten.
Sag mir, Amor, sehn meine
Augen denn
Wahrheit des Schönen, das ich
so erstrebe;
ist es in mir nur, wenn ich
sie erhebe
zum Angesicht der fast
Gemeißelten?
Du mußt es wissen, denn du
kommst mit ihr
die Ruh mir nehmen. Ich hab
Grund zu grollen.
Doch würd ich keinen Seufzer
weniger wollen,
noch minder glühend diese Glut
in mir: -
die Schönheit, die du siehst,
gehört ihr zwar,
doch wächst sie, da sie steigt
zum bessern Ort,
und wird vom Auge bis zur Seele
mehr.
Ewiges nimmt nur seines
Gleichen wahr.
So wird soe göttlich, schön
und ehrlich dort.
Die und nicht jene wandelt vor
dir her.
Wie sehr genießt sich, froh,
von Blumen leicht
gefügt, auf Einer goldnem Haar
der Kranz,
und jede Blume ist beschäftigt
ganz,
wie sie zuerst den Kopf im Kuß
erreicht.
Zufrieden ist das Kleid den
ganzen Tag
um ihre Brust, das unten sich
verschwendet,
was golddurchwirkt um Hals und
Wangen lag,
bleibt unablässig an sie
angewendet.
Doch glücklicher noch fühlt sich
jenes Band
mit goldnen Nesteln, das die
Brust indessen
ein wenig drängt, um auf ihr
aufzuruhn.
Der Gürtel, der sich
ungezwungen spannt,
sagt, scheints, bei sich: Hier
will ich immer pressen.
Was würden also meine Arme
tun!
Nicht Sterbliches sahn meine
Augen, als
in deinen schönen aufging
aller Frieden.
Nein, eine Seele, Bösem
abgeschieden,
traf die verwandte, liebend
ebenfalls.
Wär sie nicht gottgleich,
hätte sie Genügen
am Außenschönen, das dem Aug
gefällt,
nichts mehr begehrend; doch,
weil Bilder trügen,
so geht sie über ins Gebild
der Welt.
Ich sage, das, was stirbt,
befriedigt nicht
Einen, der lebt. Nicht aus der
Zeit genommen
wird Ewiges; sie häutet sich
zu sehr.
Was seelentödtlich aus den
Sinnen bricht,
ist keine Liebe. Unsre macht vollkommen
die Freunde hier und durch den
Tod noch mehr.
Entgangen, Herr, der Bürde,
die mir schwer
und unlieb war, getrennt von
Erdensachen,
wend ich mich müd du dir, ein
schwacher Nachen
aus Stürmen in das milde ebne
Meer.
Die Dornen, Nägel, beide deine
Hände,
dein lindes Antlitz, das in
Großmut scheue,
versprechen Gnade einer tiefen
reue
und Hoffnung, daß ihr Heil die
Seele fände.
Daß nicht dein Aug dich
richtend anschaun hieße
Vergangnes; daß ich, deines
Ohrs Betrüber,
nicht fürchten müsse deines Arms
Erhebung.
Dein Blut nur komme über mich
und fließe
jemehr, jemehr ich älter
werde, über
von Beistand und von völliger
Vergebung.
Ach mach mich schauen dich an
jedem Orte!
Entflamm ich auch mich hier am
Abenteuer,
bei deinem lischt ein Feuer
solcher Sorte,
in deinem sei ich, wie ich
war, in Feuer.
Dich ruf ich, Herr, dich
einzig ruf ich an
gegen mein blindes nutzloses
Beginnen:
Du machst mich neu von außen
und von innen,
Wille, Verstand und was ich
langsam kann.
Du lässest noch der Zeit die Götterseele
und hast sie in ihr müdes
Zubehör
verkerkert und mit bitterem
Befehle.
Was kann ich mehr, Herr, um
nicht so zu leben?
Ich, der ich alles ohne dich
verlör.
Ein Los zu ändern ist nur Gott
gegeben.
Seliger Geist, der das zu Tode
alte
Herz heißen Eifers mir im
Leben hält
und der auf mich aus Tausenden
verfällt
und Edleren, damit er mich
erhalte;
warst du einst meinen Augen
Gegenwart,
so seis jetzt dem Gemüte; komm
und tröste.
Hoffnung ist nicht geringer
als die größte
Sehnsucht, wenn sie mir etwas
Leid erspart.
Fürbitterin, der ich nun
dankend schreibe;
doch wie soll jemals
auszudanken sein
für deine Hülfen, die mir
widerfuhren.
Dies ist ein Dank, mit dem ich
Wucher treibe,
als gäb ich dir die
schlimmsten Malerein
für schöne und lebendige Figuren.
Geschiehts, daß oft mein
Wünschen mir verspricht
mehr Jahre noch zu allen
meinen Jahren,
das kann beim Tod mir keine
Frist ersparen;
nur wo er minder schmerzt,
dort eilt er nicht.
Wozu mehr leben wollen im
Genuß,
wenn wir im Elend einzig Gott anbeten?
Ein Glück, und stünd es lange
auch im Steten,
soviel es freute, schadet es
zum Schluß.
Und wenn mir einmal, Herr,
durch deine Gnade
des Herz der Eifer anfällt,
jener heiße,
der Trost der Seele giebt und
Sicherheit,
mach, daß er mich – ich kanns ja
nicht – gerade
und auf der Stelle in den
Himmel reiße:
denn guter Wille hält nicht
lange Zeit.
Froh waren, traurig und
bestürzt zugleich,
daß du, nicht sie, den Tod
erlitten: jenen,
die auserwählten Geister, der
dem Sehnen
der Welt durch Blut erschloß
des Himmels Reich.
Froh: denn du kauftest den
Erschaffnen frei
vom ersten Irrsal und Verfall
ins Schlechte,
und traurig: denn zum Knechte
aller Knechte
warst du geworden in der Qual
dabei.
Woher du warst und wer, dafür
gab Zeichen
der Himmel, der nicht sah, die
offne Erde,
der Berge Beben und der Wässer
Trübe.
Erzväter riß es aus den
Zwischenreichen,
zog böse Engel tiefer in
Beschwerde,
und nur der Mensch genoß, daß
er sich hübe.
Es schmerzt mich, macht mich
trüb und wiederum
ist es mir lieb, Vergangnes zu
bedenken,
mein Herz in Schuld und Sünde
zu versenken
verlorner Zeit,
unwiederbringlich um.
Lieb ist es mir, weil ich vorm
Tode lern,
wie untreu Erdenfreuden sind
im Grunde,
und macht mich traurig, weil
der letzten Stunde
die Gnade selten ist und eher
fern.
Will man sich auch auf dein
Versprechen steifen,
wie dürfte, Herr, ein
gläubiger Erwarter
für jedes Spätsein noch
Erbarmung haben.
Aus deinem Blut wärs freilich
zu begreifen:
entsprechend deiner
grenzenlosen Marter
ein Maßloswerden deiner lieben
Gaben.
Geglückter Geist, in dem
gespiegelt steht
in deiner Glieder köstlichem
Gelingen,
was Himmel und Natur bei uns
vollbringen,
wenn nicht ihr Werk durch
fremde Hände geht:
Lieblicher Geist, in dem man
innen glaubt,
weil es die Züge offen
glaubhaft machen,
Lohn, Mitleid, Liebe,
seltenere Sachen,
als je im Schönen waren
überhaupt:
Die Liebe packt mich.
Schönheit hat nicht Ruh,
bis sie mich bindet. Doch mit
süßen Blicken
legt Gnade Hoffnung mir ins
Herz, die reift.
Welche Weltherrschaft aber
giebt es zu,
welches Geschick aus allen
Weltgeschicken,
daß sich der Tod an solchem
Werk vergreift?
Mit der Vernunft bin ich im
Klagen eins,
daß, liebend, ich ein Glück
erhofft von dorten,
und sie beweist mir mit den wahrsten
Worten
die Schande meines
Preisgegebenseins.
Was kann dir deine Sonne
andres bringen
als Tod? Und nicht den Tod des
Phönixlebens.
Wen’s freut, sein eignes
Fallen zu erzwingen,
dem bleibt die beistandvollste
Hand vergebens.
Mein Sinn erkennt, die böse
Wahrheit sieht er,
doch hat in mir ein Herz sich
eingelassen,
das bringt mich um, je mehr
ich mich ergebe.
Bei zweien Toden hält sich
mein Gebieter;
den will
ich nicht und den kann ich nicht fassen,
und Leib und Seele stirbt in
dieser Schwebe.
Gebt meinen Augen wieder,
Quellen, Flüsse,
die starken Wellen, die nicht
euer Eigen
und die euch wachsen machen,
höher steigen,
als sonst der Brauch ist
euerer Ergüsse.
Und du, gedrängte Luft, die
Himmelslichte
mir dämpft, als ob sie ganz
voll Seufzer wäre,
gieb sie ans müde Herz zurück
und kläre
dein Finstres meinem
schärferen Gesichte.
Die Erde selbst erstatte
meinen Sohlen
die Schritte wieder, ihrem
Gras zuliebe,
das Echo, meiner müde, mir den
Klang;
laß meinen Blick aus deinem
Aug mich holen,
daß ich zu andrem Lieben fähig
bliebe
bei deinem unbefriedigten
Empfang.
Ist dieses ihres ersten
Schöpfers Licht,
das jetzt die Seele füllt? Hat
aus Gestalten
von hier im Herzen Schönheit
sich erhalten
und bricht auf einmal durch?
Ich weiß es nicht.
Wie oder geht ein Traum vor,
ein Verdacht,
dem Herzen wahr, den Blicken
zu erkennen,
und hinterläßt ich weiß nicht
welches Brennen,
das jenes ist, das mich jetzt
weinen macht.
Das, was ich fühl und suche,
was mich führt,
ist nicht mit mir und kein
Gefühl durchdringt mich,
daß ich es fände; zeigen muß
mirs einer.
Da ich dich schaute, Herr, hab
ich’s gespürt,
ein Ja und Nein, ein Süß und
Bitter zwingt mich:
hat dies ein Blick getan, so
war es deiner.
Ich wollte wollen, Herr, was
ich nicht will:
vom Feuer trennt das Herz ein
Schleier Eises
und dämpft die Glut; der
Nachdruck des Beweises
fehlt meiner Feder, und das
Blatt hält still.
Mit meiner Zunge lieb ich dich
und dann
beklag ich mich, die Liebe
nicht zu spüren;
wo aber stürzt sie denn, durch
welche Türen,
ins Herz und tut den
schlechten Stolz in Bann.
Zerreiß den Schleier, du, o
Herr, zerbrich
die Mauer, die mit ihrer Härte
hindert
dein Sonnenlicht, der Erde
Angebinde.
Schick deiner Braut des
Glanzes Kunft, daß ich
aufflammen kann, und länger
nicht vermindert
von Zweifeln, dich allein das
Herz empfinde.
Ein jeder hohle,
eingeschlossne Ort,
woraus auch immer seine Wände
seien,
bewahrt die Nacht vor jenem
Tag im Freien
und hält von ihr das Spiel der
Sonne fort.
Die Sonne freilich dringt als Überwinder
mit Flammen ein; doch selbst
dem Mangelhaften
weichen der Nacht göttliche
Eigenschaften,
ein Glühwurm schon durchbricht
sie mehr und minder.
Was offen bleibt der Sonne,
die den ganzen
Boden entbrennt, daß er
gewaltig trage,
das greift der stolze Ackrer
pflügend an.
Der Mensch ist nur im Schatten
gut zu pflanzen.
So sind denn Nächte heiliger
als Tage,
weil keine Frucht soviel ist
wie ein Mann.
Vielleicht, daß ich mitleidig
würde allen
und ohne Stütze, sicher meiner
Sache,
die Fehler nicht der anderen
verlache,
ist meine Seele, die schon
stieg, gefallen.
Doch wüßt ich nimmer, unter
keinem Zeichen,
nicht gar zu siegen, auch nur
zu bestehn,
in jedem Kriegslärm muß ich
untergehn,
in dem mich deine Mächte nicht
erreichen.
O
Fleisch, o Blut, o Holz, o letzte Pein,
sei doch durch euch die Sünde
überwogen,
die mich gebar, wie meines
Vaters Zeit.
Komm nun und hilf (denn gut
bist du allein?)
dem Wehestand, den ich mir
zugezogen;
so nah am Tode und von Gott so
weit.
Von Sünden voll, mit Jahren
überladen,
verwurzelt in des tristen
Brauches Boden,
seh ich mich nahe neben beiden
Toden
und nähre doch mein Herz mit
giftigem Schaden.
Eigene Kräfte hab ich nicht
genügend,
zu ändern Leben, Liebe, Los
und Sitte,
ohne den Wink, der, nicht aus
unsrer Mitte,
herüberwirkt, uns leitend und
uns rügend.
Das reicht nicht aus, daß du
mir Lust giebst, hin,
wo sich die Seele formt,
zurückzueilen,
jetzt nicht aus nichts wie
einst am Anbeginn.
Nimmst du das Irdische ihr ab,
vorher
schenk ihr die Hälfte von dem
Weg, dem steilen,
und mach ihr sicherer die
Wiederkehr.
Des Todes sicher, nicht der
Stunde, wann.
Das Leben kurz, und wenig komm
ich weiter;
den Sinnen zwar scheint diese
Wohnung heiter,
der Seele nicht, sie bittet
mich: stirb an.
Die Welt ist blind, auch
Beispiel kam empor,
dem bessere Gebräuche
unterlagen;
das Licht verlosch und mit ihm
alles Wagen;
das Falsche frohlockt,
Wahrheit dringt nicht vor.
Ach, wann, Herr, giebst du
das, was die erhoffen,
die dir vertraun? Mehr Zögern
ist verderblich,
es knickt die Hoffnung, macht
die Seele sterblich.
was hast du ihnen soviel Licht
verheißen,
wenn doch der Tod kommt, um
die hinzureißen
in jenem Stand, in dem er sie
betroffen.
Kein irdisch Ding ist
schlechter und verschmähter,
als ich mich fühle ohne dich
und bin,
so muß beim starken Drang der
schwache Täter
Verzeihung flehn, sein Atem
reicht nicht hin.
Wirf mir die Kette zu, daran
die Dinge
des Himmels hängen, Herr; den
Glauben mein ich;
wie ich mich sporne und mich
zu ihm zwinge,
er wird, durch meine Schuld,
in mir nicht einig.
Die Seltenheit der Gabe aller
Gaben
macht sie noch größer; auch
ist ohne sie
kein friedliches Genügen hier
zu haben.
Du geiztest nicht, daß sich
dein Blut ergösse,
doch welche Milde meintest du,
wenn nie
ein andrer Schlüssel uns den
Himmel schlösse?
Wenn hier mein grober Hammer
den und den
härtesten Stein in
Menschenhaftes wandelt,
hat er den Schwung von dem,
der mit ihm handelt,
und muß mit eines andern
Schritten gehn.
Doch jener göttliche im Himmel
schwirrt
durch eignen gang, verschönt
sich selbst im Falle,
und da kein Hammer ohne Hammer
wird,
macht jener lebende die andern
alle.
Und weil die Schlagkraft
abhängt von dem Bogen,
ist jener Hammer über meinem
weit
vom Amboß bis zum Himmel
aufgeflogen.
Durch mich kommt nicht der
meinige zu Ende,
es sei denn, daß die göttliche
Arbeit
ihn, der allein war auf der
Welt, vollende.
Fort hätt ich müssen, da noch
ganz besonnt
die Anhöh war von Phöbus’
schönen Gluten,
mit seinen Federn hätt ich
fortgekonnt,
die Erde lassend, sterbend wie
im Guten.
Nun schwand er hin; und weil
ich das Entgehn
der frohen Zeit umsonst mir
sanfter dachte,
geschiehts mir recht, wenn ich
die hingebrachte
verlor, um zu des Himmels Tor
zu sehn.
Da waren Federn Flügel, Hügel
Stufen,
und Phöbus leuchtete dem Fuß;
da war
Sterben nicht Glück, nein,
völlig wunderbar.
Jetzt ohne, bleibt die Seele
ungerufen
Erinnern macht das Herz nicht
frisch. Wie spät
ist es geworden. Und nach dem:
Wer rät?
Die Fabeln dieser Welt
benahmen mir
die Zeit, die da war, Gott ins
Aug zu fassen;
der Gnade nicht vergaß ich,
nein, mit ihr
hab ich mich, mehr als ohne,
gehen lassen.
Was andre weise macht, das
macht mich blind
und läßt mich spät mein langes
Irrn erkennen,
die Hoffnung sinkt, doch meine
Wünsche sind,
durch dich mich ganz vom
Eignen abzutrennen.
Schenk mir den halben Weg zum
Himmel, Herr.
Bedarf ich doch schon zu dem
halben Wege
ganz deinen Beistand, soll ich
ihn ersteigen.
Kannst du die Welt mir nicht
verhaßter zeigen
und alle Schönheit, die ich in
ihr pflege -,
daß ich vorm Tod das Leben an
mich zerr.
Als meiner vielen Seufzer
Gegenstand
der Welt entging, sich selbst
und meinem Schauen,
blieb die Natur, die uns ihn
zu vertrauen
geruhte, schamvoll, und in
Tränen schwand,
wer es gewahrte. Aber diesmal
prahle,
daß er der Sonne Sonne
fortnahm, nicht
der Tod. Denn Liebe machte,
daß sie strahle
hier und mit andern Heiligen
im Licht.
War das vom Tode agvoll
Angedrohte,
den Nachklang ihrer Tugend zu
ersticken
und daß die Seele minder sich
erweise:
Mehr als im Leben schlägt zu
unsern Blicken
ihr Dasein aus den Büchern,
und die Tote
hat Himmel, Anteil bisher
ferner Kreise.
An
Tommaso Cavalieri
Du weißt, Herr, daß ich weiß, wie sehr du
weißt,
daß ich, um dich zu fühlen, dich erreiche,
und weißt, ich weiß, du weißt, ich bin der Gleiche:
was ists, das uns im Gruße zögern heißt?
Ist
wahr die Hoffnung, die du mir gebracht,
und wahr der Wunsch und sicher, daß er gelte,
so bricht die Wand, die zwischen uns gestellte,
verhehltes Wehe hat nun doppelt Macht.
Wenn
ich an dir nur liebe, was auch du
am meisten an dir liebst, Herz, zürne nicht.
Das sind die Geister, die sich so umwerben.
Was
ich begehr in deinem Angesicht,
dem sehn die Menschen unverständig zu,
und wer es wissen will, der muß erst sterben.
Zum Tode der Vittoria Colonna
Kein
Wunder ist’s, wenn ich, dem Brand zunächst,
in
Glut verging, daß, da er einwärts brach
von
draußen, wo er war, er innen wächst
und
mich verzehrt zu Asche nach und nach.
So
leuchtend war mir der entflammte Ort,
aus
dessen Glanz mir Qual herüberfliel,
daß
ich voll Lust ihn ansah immerfort,
und
Tod und Pein war mir ein Fest, ein Spiel.
Doch
seit dem übergroßen Feuerschein,
der
mich erhielt, der Himmel fortgeschafft,
bin
ich wie zugedeckte Glut versunken.
Und
legt die Liebe andres Holz nicht ein,
das
Flammen gibt, ist nächtens nicht ein Funken
aus
mir zu holen: so bin ich verascht.“
Weil
Phöbus nicht die Arme schränkt und streckt,
die
leuchtenden, um dieses Balls erkalten,
so
ist das Volk bereit, für Nacht zu halten
die
Sonne, die sein Einsehn nicht entdeckt.
Doch
sie ist schwach, fällt es nur einem bei,
nimmt
er an jener Stelle ihr das Leben
mit
einem Lichtstrumpf; nicht recht klug daneben,
denn
Stein und Feuerschwamm reißt sie entzwei.
Wenn
nicht ihr Dasein völlig fraglich wird,
muß
sie von Phöbus und der Erde stammen;
er
zeugt den Schatten, sie hält ihn zusammen.
Sei
sie wer immer, wer sie lobt, der irrt;
verwitwet,
schwarz, in solchen Ängstlichkeiten,
daß
schon ein Leuchtwurm reicht, sie anzustreiten.