1265 – 1336
So adlig ist und züchtig das
Betragen
Von meiner Herrin, wem sie
grüßend neiget,
Daß jeder Mund von ihr
betroffen schweiget
Und anzuschau’n die Augen sie
nicht wagen.
Sie geht vorbey und hört ihr
Lob sich sagen,
Bescheidentlich, da ihr nur
Demuth eiget:
Es ist als hätt’ ein höhres
wesen sich gezeiget,
Des Himmels Wunder uns
herabzutragen.
So hold erscheint sie, wer sie
auch betrachte,
Daß aus den Augen dringt in’s
Herz die Süße,
Die nicht begreifet, wer sie
nicht genossen;
Auch scheint von ihren Lippen
ausgeflossen
So voller Lieb’ ein Lüftchen
sanft und süße,
Das in die Seele dringt und
saget: Schmachte.