1564 – 1616 England
In Übersetzungen von:
Louise von Plönnies
18.
Soll ich dich einem Sommertag
vergleichen?
Bist lieblicher wie er, und
stets gelinde;
Durch Maienblüten stürmen oft
die Winde,
Des Sommers Pachtzeit muß zu
schnell entweichen:
Des Himmels Strahlen oft zu
heiß sich zeigen,
Sein goldner Schimmer wölkt
sich oft geschwinde,
Vom Schönen schwindet oft die
schönste Tinte,
Muß in dem Wechsellauf der
Zeit erbleichen.
Doch nimmer wird dein ew'ger
Lenz vergehen,
Noch wird die Schönheit jemals
dir entschweben,
Nie um dein Bild wird
Todesnacht sich weben,
Weil du unsterblich wirst im
Liede stehen;
So lange Menschen athmen,
Augen sehen,
Wird dies mein Lied, und du im
Liede leben.
73.
Du kannst in mir die Zeit des
Jahres sehen,
Wenn gelbe Blätter, spärlich
in den Zweigen,
Vom Frost erschüttert, bebend
niederwehen,
Wenn aus zerstörtem Dom die
Sänger weichen.
In mir magst du des Tages Zwielicht
sehen,
Wenn in dem Westen goldne
Strahlen bleichen,
Die nach und nach in dunkler
Nacht vergehen,
Die Alles hüllt, ein zweiter
Tod, in Schweigen.
Du siehst in mir die Glut, die
sich verzehret,
Auf ihrer Jugend Asche kaum
noch sprühet,
Auf ihrem Todenbette still
verglühet,
Von dem verzehrt, was einstens
sie ernähret.
Und dies die Stärke deiner
Lieb' vermehret,
Und heißer liebst du, was dir
bald entfliehet.