Lord Byron

 

 

In Übersetzungen von:

Ernst Ortlepp

 

 

Sonett an Genevra

 

Dein blaues Auge, deiner Locken Schimmer,

Die Sprache deiner seelenvollen Züge

Verkünden deines Geistes stille Flüge

Ins Land der Schwermut, doch des Schmerzes nimmer;

 

Sie zeigten dich mir melancholisch immer;

Ob ich auch weiß, daß mich der Schein belüge,

Und daß die Sünde mir dein Herz betrüge,

So traut’ ich manchmal doch des Scheines Flimmer.

 

Du gleichst des Guido holder Magdalene

An Farbenschein und strahlenvollem Glanze,

Nur bist du sündig nicht, wie sie gewesen;

 

Dein Auge perlt wie ihres von der Thräne,

Doch prangst du mit der höhern Schönheit Kranze,

Denn sie – sie sank – du bliebst ein reines Wesen.

 

 

Sonett an Genevra

 

Das Denken bleicht, nicht schmerzen, deine Wangen,

Und doch so hold, daß, könnte Scherz ertöten

Dies weiße Rosenpaar durch ein Erröten,

Mein Herz doch wünschte, daß die Glut vergangen.

 

Seh’ ich dein blaues Auge glanzumfangen,

Wo Thränen selbst dem festen Blick sich böten,

Fühl’ ich dies Muttererbteil dann in Nöten,

Wie Tropfen um den Regenbogen hangen.

 

Durch deine dunkeln Wimpern, die sich neigen,

Glänzt schwermutvoll der Liebreiz deiner Seele,

Denn Engeln ähnlich, die vom Himmel steigen.

 

Mitfühlend, doch erhaben über Fehle; -

Drum muß ich Ehrfurcht deiner Hoheit zeigen,

Doch wolle nicht, daß Lieb’ ich dir verhehle.

 

 

Sonett auf den Genfer See

 

Rousseau, Voltaire und Gibbon und die Stael –

Wert sind die Namen, Leman, deiner Schöne,

Und sie ist wert der Namen, deren Töne

Dich nennten noch, vergingst du auch einmal.

 

Es traf, wie alle, sie dein Zauberstrahl,

Und, daß dich noch ein höhrer Zauber kröne,

Ward dir die Gegenwart der Göttersöhne,

Die dir erbauten einen Weisheitssaal.

 

Nun, wenn uns deine Silberwellen schaukeln,

O schöner See, empfinden wir noch wärmer

Die Gluten seliger Begeisterungen.

 

Die ew’gen Klänge, die uns hier umgaukeln,

Wo wir an großen Geistern immer ärmer,

Sie nennen tröstend, was das Grab verschlungen

 

 

 

Sonett auf den Prinzregenten

(späteren König Georg IV)

als dieser die Konfiskation der Güter

des Lord Edward Fitzgerald aufhob.

 

Zu sein der Vater vaterloser Sprossen,

Die Hand herabzustrecken von dem Thron,

Und zu erheben eines Mannes Sohn,

Der als Rebell einst hat sein Blut vergossen –

 

Das thun Monarchen, denen Lorbeern sprossen,

Vor denen rings verstummt des Neides Ton;

Der Völker laute Segnung ist ihr Lohn,

Und alles rings ist in ihr Lob ergossen.

 

Wer hebt die Hand, als nur um dich zu segnen?

Der Erde kannst du als ein Gott erscheinen;

Entlasse deine Garden! Denn den Kerzen

 

Der Herrschaft wird kein drohnder Sturm begegnen.

Wo Fürstenkraft und Volksfreiheit sich einen,

Beherrscht ein König durch sein Herz die Herzen.