1608 – 1674
In Übersetzungen von
Friedrich Notter
O Nachtigall, die auf dem
Blütenreis
Du abends schlägst, wenn rings
die Wälder schweigen,
Und zu erneuter Hoffnung
möchtest neigen
Das Herz der Liebenden im Mond
des Mais,
Dein Lied, mit dem der laute
Tag wird leis,
Wenn wir es hören vor des
Kuckucks Reigen,
Bedeutet Liebesglück. O wenn
zu eigen
Ihm solche Macht gab eines
Gotts Geheiß,
So sing jetzt gleich, eh mir
vom nächsten Baum
des Neides Vogel Mißgeschick
verkündet,
Du, die durch Zögern jenem oft
ließ Raum,
Und ursachlos mir Weh gab
manches Jahr,
Seist du der Muse, seist der
Lieb gebündet,
Ich diene beiden, bin aus
beider Schar.
Des Blinden Dienst
Wenn ich betrachte, daß das
Licht mir schwand,
Eh meiner Tage Hälfte noch
beendet,
Und jene Kraft, die für mich
Leben spendet,
Klanglos in mir ward, wie ich
auch gebrannt,
Damit zu dienen dem, der mich
gesandt,
Eh Rechnung fordernd er zu mir
sich wendet,
Dann frag ich oft: Wo er den
Tag geblendet,
Heischt er noch Tagwerk? –
Doch den Unmut bannt
Mit sanfter Antwort die
Geduld: Nicht frommen
Dem Herrn der Welten
Menschenwerk und – wort;
Ihm dient am besten, wer sein
Joch genommen.
Sein Herrschersaal ist
königlich geartet:
Schickt er der Diener tausend
ruhlos fort,
So dient ihm auch, wer steht
und auf ihn wartet.