Francesco Petrarca

1304 – 1374           Italien

 

In Übersetzungen von

Johann Kaspar Friedrich Manso

 

 

 

        Macht der Schönheit.

 

In welcher Geisterwelt, in welchen lichtern Sphären
Fand die Natur das Ideal,
Wovon sie diesen Reiz und diese Blicke stahl,
Um, was sie dort vermag, hienieden schon zu lehren?

 

Wo sah man je am Bach, und wo im Hain den Wind
Um schönre goldne Locken scherzen?
Wo so viel Tugenden, vereint in einem Herzen?
Wiewohl sie Schuld am Gram, dem ich erliege, sind.

 

Was Götterschönheit ist, wird nie von dem ergründet,
Der nicht erfuhr, wie selbst des Himmels Licht
Im Himmel ihrer Augen schwindet;

 

Wie Amor heilt und tödtet, weiß er nicht
Wenn er ihr Lächeln nicht empfindet,
Nicht weiß, wie sanft sie seufzt und wie beredt sie spricht.

 

 

 

Ohnmacht des Neides.

 

Auf welchem Pfad bist du, o Neid, der spät und früh
Die sanften Regungen der Zärtlichkeit bestreitet,
So leis' hinab ins Herz der Lieblichen gegleitet,
Und wie besiegst und lenkst und hintergehst du sie?

 

Zu glücklich hast du mich, (und, ach, ich war es nie!)
Gepriesen, hast Verdacht in ihrer Brust verbreitet,
Und tükisch zum Gefühl des Hasses Sie geleitet,
Die ungern sonst ihr Ohr des Argwohne Stimme lieh.

 

Indeß so sehr sie auch ob meinem Glück sich kränket,
Und, klag' ich ihr mein Loos, mit Spott für Mitleid schenket,
Verändern wird sie doch nie meiner Wünsche Lauf.

 

Und sollte sie des Tags mich tausendmahl betrüben,
Mein Herz läßt nimmer ab, die Einzige zu lieben:
Denn Amor richtet mich, wenn sie mich tödtet, auf.