Alessandro Adimari

1579 – 1649

 

 

In Übersetzungen von:

Hans Assmann Freiherr von Abschatz

 

 

 

Die schöne Unbeständige

 

Mir tut, du Wechsel-Kind der Lieb, an dir nicht weh

Die Unbeständigkeit der flüchtigen Gedanken:

Denn wolltest du niemals von deinem Sinne wanken,

So wärest du ein Fels in meiner Tränen-See.

 

Die heiße Sommerszeit zerschmelzt den härtzten Schnee.

Man wir dich gegen mir noch sehn vor Liebe kranken.

Bleibt Sonn und Monde doch nicht stets in gleichen Schranken,

Sybillens kluges Blatt führt Zephir in der Höh.

 

Peleens Wunder-Braut ward zu einem Drachen,

Bald ward sie mit der Haut des Leuen überdeckt,

Das Feuer konnte sie doch endlich zahmer machen.

 

Du, die hast in mir den heißen Brand erweckt,

Würdst du nicht auch einmal beständig, wär es viel:

Das Böse hat so wohl als Gutes Maß und Ziel.

 

 

 

 

 

                   Die schöne Schielende

 

                                               Beneiderin des Guts, das dir doch selbst gebricht,

Was hat dein kühner Mund Dorinden vorzurücken?

Du spottest, daß bei ihr der Augen doppelt Licht

Mit falschen Strahlen nach der Seite pflegt zu blicken.

 

warum erwähntest du der zarten Wangen nicht?

Der schönen Brust, nach der wir tausend Seufzer schicken?

Soll dieser Fehl allein, der dich ins Auge sticht,

Den wohlerworbnen Ruhm der Schönheit unterdrücken?

 

Ach, sollten wir zugleich das Feuer zweier Sonnen

Erdulden, da den Mohr nur eine schwärzt und brennt?

Wir wären längst wie Schnee und mürbes Wachs zerronnen,

 

Wenn Phöbus westenwärts sein flammend Antlitz wendt

Und gegen Morgen blinkt des Mondens Silberschein –

Solln darum mangelhaft des Himmels Blicke sein?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

                   Die Schöne Pockengrübigte

 

                                               Sind Amors Auffenthalt zwei angenehme Grübgen,

Die in das schöne Wang’ ein süsses Lächeln drückt,

So sag ich, wenn man der bey dir so viel erblickt,

Dein Antlitz hegt und birgt wohl tausend Venus-Bübgen.

 

Du prangst, o Himmels-Kind, mit diesen Stich und Hibgen,

Als wie der Himmel mit viel Sternen ausgeschmückt,

Den Hertzen, die dein Brand gepülvert und zerstückt

Durchbohrt Cupido hier ein Rosenblatt zum Siebgen.

 

Die Löcher gehn nicht durch, ich trage keine Sorgen

Was unter dieser Schrifft der Wangen liegt verborgen.

Hält nur das Hertz den Stich, wer fraget nach der Haut.

 

Durchfährt man nicht den Ros, wenn man will Honig haben?

Jemehr das Erdreich wird bepflügt und umgegraben,

Jemehr man Edelstein’ und schöne Früchte schaut.

 

 

 

 

 

Die schöne Blatternde

 

Jhr Perlen, die ihr seyd vom Eiter-Thau empfangen,

Von innerlicher Hitz’ erhöht und ausgekocht!

Jhr feuchten Sternen, wer von Milch die Strasse sucht,

Die sonst am Himmel gläntzt, find sie auff diesen Wangen.

 

Cupido hat allhier ein Stückwerck angefangen,

Das zarte Fell bedeckt, das Ros’ und Purpur pocht,

Wie wenn der Wolcken Schleyr zu Trost erdurster Frucht

Im heissen Sommer wird der Sonnen vorgehangen.

 

Jhr Buhler seyd getrost, und legt den Kummer hin,

Daß ihrer Liljen Pracht die Fäulniß wird verletzen:

Sie werden freudiger auff diesen Regen blühn.

 

Pflegt die gescheide Welt der Steine Schmuck zu schätzen,

Das zarte Muschel-Kind aus tieffer See zu ziehn,

Hier zeuget die Natur Opal, Perl’ und Rubin.

 

 

 

 

 

Die schöne Kleine

 

Du Mittelkreis der Seel, ein engumschränktes Feld,

Mir aber ausgesetzt zum Ruhpunkt meiner Sinnen,

Die nur auf dich allein die Neigung richten künnen,

Wie sich jedweder Strich vom Rand ins Mittel hält.

 

Klein ist der Angelstern, die Richtschnur aller Welt;

Klein ist des Schützen Ziel, dadurch er muß gewinnen;

Klein ist das Bienenvolk; jedennoch wird man innen,

Wie süß ihr Honig und wie scharf ihr Stachel fällt.

 

O Auszug alles Guts, du bist ja billich klein,

Weil auch in tiefer See und in der Berge Gründen

Die Muschelkinder zart, Demanten Zwerge:

 

Begriff von aller Lust, die auf der Welt zu finden,

Den Himmelsbau entwirft der kleinen Kugel Riß;

Mir ist die kleine Schoß ein irgisch Paradiß.

 

 

 

Die schöne Groß-Nase

 

In einer See von Milch und Blut der frischen Wangen

Ist deiner Nase Turm zum Pharus ausgestellt.

Damit der Hoffnung Schiff am Felsen nicht zerschellt,

Glänzt ein doppelt Licht von oben ausgehangen.

 

Recht was dem Himmel schmeckt, muß in die Höhe prangen.

Cupido, der dein Aug als seinen Bogen hält,

Hat ihm so starken Pfeil mit Fleiße zugestellt,

Daß er uns desto mehr ins Herze könne langen.

 

O Nase, wert dem Stirn-Gebirge bezuwohnen,

Du kannst in dem Gesicht, das aller Hügel rein,

Der Klugheit Wetzstein und der Schönheit Brücke sein.

 

Wem deine stolze Zier in Augen ist ein Dorn,

Der schmäh’ den Adler auch, das große Nasenhorn,

Den Naso, den Nasic, und alle Nasamonen.

 

 

 

Die schöne Tote

 

Du hast nunmehr, mein Kind, den letzten Hafen funden,

Wo Lieb und Hoffen dich nicht ferner hält gebunden:

Und bist mir doch so schön in deinem Trauerkleide,

Daß ich den Schatten noch des Todes selbst beneide.

 

Ich werde nun gewahr, indem ich von dir scheide,

Daß man sich auch mit Lust an dürren Blumen weide,

Daß Früchte besser sein gepflückt, als da sie stunden,

Daß süßer sei die Lust, je eher sie verschwunden.

 

Vor blitzt ein jeder Blick, es brennt ein jedes Haar,

Dein Wort bezauberte, dein Weigern brach die Sinnen,

Dein ganzes Leben war uns Unruh und Gefahr:

 

Itzt wird man keines Streits und keiner Furcht mehr innen.

Die Schönheit, die du hast im Tode zu erwerben,

Würd auch der selbste Tod, im Fall er könnte, sterben.