Francesco Petrarca

1304 – 1374           Italien

 

In Übersetzungen von

Karl Kekule

 

 

 

 

Wenn diese schöne Seele, höherm Leben
Frühzeitig zugeführet, uns entschwindet,
Und wie's gebührt, Empfang dort oben findet;
Wird sie zum hehrsten Himmelsraum sich heben.

Will zwischen Venus sie und Mavors schweben;
So bleicht der Sonne Schimmer und erblindet,
Wann ihre Pracht, die Alles überwindet,
Die reinen Geister staunensvoll umgeben.

Läßt sie sich unterm vierten Wohnsitz nieder;
Nur dürftig glänzen dann die andern Zonen;
Doch was  s i e  wählt, hat Ruhm und Jubellieder.

Nicht in der fünften Sphäre kann sie wohnen,
Doch steigt sie höher noch, so siegt sie wieder
Wie Jupiter ob allen Sternenkronen.

 

 

 

 

 

Ihr, die ihr hört im viel zerstreuten Sange
Der Seufzer Ton, womit mein Herz ich nährte,
Solang mein erster Jugendirrthum währte -
Denn anders ward ich nun im Lebensgange: -

Wehklag' und Jubel nah'n in buntem Klange,
Wie's eitle Hoffnung, eitler Schmerz gewährte;
Doch, wem Erfahrung Liebesleid erklärte,
Er weigert Nachsicht, Mitleid selbst, nicht lange.

Wohl seh' ich nun, ich war in manchen Zeiten
Des Volkes Fabel; und die Wangen brennen
Vor Schaam mir, wenn ich beim Gedanken säume.

So kost' ich denn die Frucht der Eitelkeiten;
Beschämung, Reue, deutliches Erkennen:
Was  h i e r  gefiel, es sind nur kurze Träume

 

* mit Ludwig von Biegesleben

 

 

 

Sich süß zu rächen, reichlich abgewogen
Für tausendfachen Hohn, an  e i n e m  Tage,
Griff Liebe, wie ein Frevler, der zum Schlage
Auf Ort und Stunde lauert, still zum Bogen.

Die Tugend, in mein Herz zurückgezogen,
Sann noch für Brust und Blick auf sichre Lage;
Da kam der Strahl, daß dahin Tod er trage,
Wo sonst die Pfeile stets sich umgebogen.

So ließ im Sturm die Tugend sich ereilen;
Was ihr den Raum nahm und die Kraft zerstreute,
Noch rasch zu greifen nach dem Heil der Waffen;

Auch klug zu flieh'n mißlang ihr, nach der steilen
Und hohen Burg, dem Streite fern, dem heute
Sie mich wohl möchte, doch nicht kann entraffen.

 

 

 

 

Am Tage, wo der Sonne Strahlen bleichen
Und sich in Trauer um den Schöpfer kleiden,
Ward ich ergriffen flugs; nicht konnt' ichs meiden,
Nicht, Herrin, deiner Augen Pracht entweichen.

Es dünkte nicht die Zeit mir, vor den Streichen
Der Liebe mich zu wahren; still, bescheiden
Und arglos ging ich. So begann mein Leiden
Im Schmerz, gemeinsam allen Himmelsreichen.

Die Liebe fand mich sonder alle Wehre,
Die Bahn zum Herzen durch die Augen offen,
Ach, nun die Pforten meiner Thränenwogen.

Drum scheinet mir, es bracht' ihr wenig Ehre,
Daß ungeschirmet mich ihr Pfeil getroffen;
Dir, der Bewehrten, drohte kaum ein Bogen.

 

 

 

E r , dessen Kunst und Weisheit endlos leben
In Wunderwerken, die den Meister loben,
Der Hemisphären hat dem Nichts enthoben,
Mars lenkt und Jupiters beglücktres Schweben;

Und Mensch ward, neues Licht der Schrift zu geben,
Worin die Wahrheit schlief geheim gewoben,
Vom Netz Johannes nahm und Petrus, oben
Im Himmelreich nach Würden sie zu heben;

Nicht Rom begnadigt Er, Ihn zu gebären,
Doch Bethlehem; so hat ob allen Schranken
Er Demuth zu erhöhen stets erkoren. -

Nun wählt Er, eine Sonne zu gewähren
Ein Städtlein; und Natur und Heimath danken,
Daß sie so schöne Frau zur Welt geboren.

 

 

 

 

Wenn sich mein Sehnen reget, Dich zu rufen
Mit deinem Namen, mir in's Herz geschrieben;
Gebieten "LAUtenklang!" die ersten lieben
Accente, die zum Ruhm die Götter schufen.

"Rettung" dann gibt er mir; zu höhern Stufen
Des edlen Lobsangs wird mein Muth getrieben.
Doch "TAdel" folgt und heißt mein Wort zerstieben,
Das, schwach, zu solcher That nicht ward berufen.

So lehret schon der Name LAUte schlagen
Und REde=Huldigung; muß  i c h  auch schweigen;
Ein Name, würdig aller Erden=Ehren;

Will etwa nicht Apollo zürnend wehren,
Daß  s e i n e s  Lorbers immergrünen Zweigen
Sterbliche Lippen Lob zu singen wagen.

 

 

 

Wie bahnlos ist mein thörigtes Begehren,
Ihr, die der Liebe Bande nicht umschmiegen,
Die los und ledig fliehet, nachzufliegen,
Ihr, die zu fah'n mir träg're Schritte wehren!

Je mehr ich rufe, klüglich umzukehren,
Je minder hört die Leidenschaft. Nicht Biegen,
Nicht Lenken - Spornen - hilft mir, sie besiegen.
Sie trotzet, wie's ihr Liebesgrillen lehren.

Und wenn sie wild den Zügel an sich reißet,
Da bleib' ich ihrer Herrschaft überlassen:
Auf Todespfaden tobt sie ungehindert.

So nach dem Lorber jag' ich; doch er gleißet
Mit bittrer Frucht: wollt' ich sie kostend fassen;
Geschärft nur wär' mein Leiden, nicht gelindert.

 

 

 

 

Schlaf, Schwelgerei'n und träge Pfühle haben
Nun jede Tugend aus der Welt vertrieben,
Uns ist im Gleis nicht die Natur geblieben,
Vom Brauch mißleitet und in Schmach begraben.

Die Lichter, die uns himmlisch mild erhaben
Zu Menschen bilden, löschen und zerstieben;
Und als ein Wunder wird es uns beschrieben,
Will wer am Quell des Helicon sich laben.

Wer liebt den Lorber, wer der Myrten Pflege?
"Philosophie, du gehest nackt, du arme!"
So spricht das Volk, der Habgier nur ergeben.

Gefährten wenig sind dem andern Wege;
Doch um so mehr, du hoher Geist, erwarme,
Ich fleh' dich an, in deinem edeln Streben!

 

 

 

 

Du kennst die Hügel, wo der Erdenglieder
Lieblich Gewand die Herrin einst empfangen,
Die oft vom Schlaf bei thränennassen Wangen
Ihn, der uns sendet, hat erwecket wieder;

Dort schwebten wir in Freiheit auf und nieder
Durch's Leben, wie, was athmet, trägt Verlangen,
Und sahen arglos nicht im Wege hangen
Der Bande Netz für Füßchen und Gefieder.

Doch in dem Unglück, das uns, weg vom lieben
Und heitern Tage scheuchend, nun umwunden,
Im Tode selbst ist uns ein Trost geblieben.

Ihn, der uns traf, hat Rache schon gefunden;
In fremder Macht, zum Aeußersten getrieben,
Bleibt er mit größrer Ketten Wucht gebunden.

 

 

 

Wenn das Gestirne, das die Stunden scheidet,
Sich zu des Stiers Behausung wieder wendet;
Wird von den Flammenhörnern Kraft gesendet,
Die unsre Welt mit neuer Farbe kleidet.

Und nicht allein, wo sich das Auge weidet,
Um Bach und Berg wird Blumenschmuck gespendet;
Auch innen wird fruchtbarer Stoff vollendet
In feuchter Erde, die den Tag vermeidet.

Da sproßt denn manche Frucht in regem Triebe.
So schuf auch  S i e , die Sonne unter Frauen,
Auf mich die Strahlen schöner Augen senkend,

In mir Gedanken, Wort und That der Liebe;
Doch wie sie waltet auch, uns machtvoll lenkend;
Den Frühling hab' ich nimmermehr zu schauen.

 

 

 

Glorreiche Säule, drauf sich unser Hoffen
Und der Lateiner großer Name gründen,
Die unverwandt am wahren Weg wir finden,
Obwohl im Sturm sie Jovis Zorn getroffen!

Nicht Schauspiel noch Palläste stehn hier offen;
Doch Buchenhaine, die sich hold verbinden
Mit Fichten, Triften, die zum Berg sich winden,
Des Dichters Wandelgang, unübertroffen;

Dieß ist, was himmelan den Geist hier lenket;
Und dann die Nachtigall, die süß im Schatten
Durch ganze Nächte klagt und lieblich weinet,

Und unser Herz in Liebesträume senket.
Nur Du nicht willst uns volles Glück gestatten,
Weil Du nicht fürder, Herr, uns bist vereinet.

 

 

 

Wenn ich so lange noch mein Leben wahre,
Trotz rauhen Qualen und so schweren Leiden;
Erblick ich wohl in deinen Augen beiden,
Herrin, die Gluth gedämpft durch späte Jahre.

Wenn Silber wird das feine Gold der Haare,
Das dann nicht grüner Flor noch Kränze kleiden,
Und blaß das Antlitz, das mir wehrt, bescheiden
Und schüchtern nun mein Flehn zu offenbaren;

Dann wird vielleicht mir Liebe Kühnheit geben,
Daß ich enthülle, wie ich Stunden, Tage
Und Jahre hingebracht in Pein und Beben.

Und ob die Zeit dann schönern Wunsch versage,
Mein Schmerz wird wenigstens den Trost erleben,
Den dürft'gen, deiner eignen späten Klage.

 

 

 

Wenn manchmal strahlt in andrer Frauen Runde
Dieß Antlitz, wo sich Liebesgötter wiegen;
Wie Alles seine Reize dann besiegen,
So wächst mein Glüh'n mir in des Herzens Grunde.

Da grüß' ich segnend Ort und Mond und Stunde,
Worin so hoch mein Blick gewagt zu fliegen,
Und sag': O Seele, nimmer soll versiegen
Dein Dank, geweihte du zum reinsten Bunde!

Es kommt von  i h r  dein liebewarmes Denken,
Das dich getreu zum höchsten Gute führet,
So daß, was jeder wünscht, dich wenig rühret;

Von  i h r  die kühne Anmuth, die's vollführet,
Dich g'raden Weges himmelan zu lenken:
Und schon dieß Hoffen fühl' ich Stolz mir schenken.

 

 

 

Bei jedem Schritte kehr' ich mich zurücke
So herzlich müde, daß ich kaum mich trage.
Dann labt mich deine liebe Luft; ich sage:
"Weh mir!" wenn ich den Fuß nur weiter rücke.

Bedenk' ich, daß ich geh' von meinem Glücke,
Wie lang der Weg, wie kurz die Lebenstage;
So heft' ich meine Sohlen fest, und schlage
Zu Boden bleich und scheu die nassen Blicke.

Und oft befällt inmitten Klag' und Trauer
Ein Zweifel mich: Wie können diese Glieder
Von ihrer Seelen Hauch entfernet leben?

Doch Liebe spricht: "Erinnre dich genauer!
Hat nicht, wer liebt, sein altes Vorrecht wieder?
Ihm sind Naturgesetze nicht gegeben."

 

 

 

 

Es geht der Pilger mit den weißen Haaren,
Vom süßen Ort, wo er verbracht das Leben,
Vom Kreis der Seinen, die erschrocken beben,
Weil scheiden sie das theure Haupt gewahren.

Fort reißt er sich, die Glieder matt von Jahren;
Den letzten Lebensgang will er erstreben,
So gut er kann, durch Willenskraft sich heben,
Vom Alter krank und von des Wegs Gefahren;

Und kommt nach Rom, gehorchend dem Verlangen,
Dort eine Aehnlichkeit von Ihm zu schauen,
Den noch zu sehn er hofft im Himmelslichte. -

So schein' ich mir zu suchen ausgegangen,
Herrin, nach schwachem Bild, in andern Frauen,
Von deinem heilig wahren Angesichte.

 

 

 

Mir regnen bittre Thränen vom Gesichte
Bei'm bangen Sturme meiner Klagetöne,
Wenn meine Augen suchen deine Schöne,
Für die ich auf die ganze Welt verzichte. -

Wohl wahr ist's, deines Lächelns sanftem Lichte
Gelingt es, daß es solche Gluth versöhne.
Mir dünkt, daß ich der Qualen mich entwöhne,
So lang auf dich die Blicke fest ich richte.

Doch meine Geister starren bald zu Eise,
Wenn ihr beseelend Wirken mir entziehen,
Im Scheiden, deiner Augen Schicksalssterne.

Da trennt sich, frei durch Liebesschlüssel, leise
Vom Herzen los die Seele, will entfliehen
Und schwebt gedankenvoll zu dir so gerne.

 

 

 

Wend' ich die Seele nach den heitern Wegen,
Worauf Madonna strahlt im schönsten Lichte,
Und weilt mir im Gedanken dann der lichte
Reizvolle Blick, mich schmelzend allerwegen;

Da will mein Herz sich aus der Brust bewegen;
Nacht dünkt mir nahe meinem Lebenslichte;
Ich weiche, wie ein Blinder, fremd dem Lichte;
Er weiß nicht, wo er geht auf irren Wegen.

So, noch des Todes Streichen zu entrinnen
Eil ich, doch nicht so schnelle, daß sich rühren
Die schnellern Wünsche nicht, mich zu begleiten.

Und schweigend geh' ich, lasse nicht entgleiten
Ein Wort, zu Thränen nicht das Volk zu rühren;
Denn einsam sollen meine Zähren rinnen.

 

 

 

Es giebt Geschöpfe von so kühnem Blicke,
Daß er sich stolz zur hohen Sonne kehret;
Und andre, die das große Licht versehret,
Ruh'n bis zum Ausflug sich der Abend schicke.

Noch andre wähnen thörigt, sie erquicke
Das Feuer, weil es  g l ä n z t ; doch es belehret
Sie grausam, daß es  b r e n n e n d  auch verzehret.
Weh' mir, zu  d i e s e n  reiht mich mein Geschicke.

Nicht hab' ich Macht, vor'm Lichte zu bestehen
Der hohen Frau; noch lernt ich ihm entweichen
Im Schirm des Abends und der Schattenräume.

So muß ich denn mit meinen thränenreichen
Und schwachen Augen immer  s i e  nur sehen,
Und weiß doch, ich verbrenne, wenn ich säume.

 

 

 

 

Erröthen muß ich oft, daß meine Lieder
Von deiner Schönheit noch, Geliebte, schweigen.
Dann denk' ich mir dein erstes Anmuthneigen,
Das dem erstaunten Blick noch strahlet wieder.

Doch find ich bald für meines Flugs Gefieder
Das Ziel zu hoch, kein Sinnen lehrt's ersteigen.
Mein Geist erwägt die Kräfte, die ihm eigen,
Erstarrt, und legt das kaum Erfaßte nieder.

Oft schon die Lippen öffnet ich zum Reden;
Doch mitten in der Brust erstarb die Stimme.
Kann sich ein Ton zu solcher Höhe wagen?

Zu schreiben oft begann ich; es versagen
Gedanke, Hand und Stift; sie weigern jeden
Gewohnten Dienst, zu dem ich sie bestimme.

 

 

 

 

Schon tausendmal bot ich mein Herz, o meine
Liebliche Kriegerin, und fleht' um Frieden
Bei deinen schönen Augen; doch sie mieden,
So tief herabzuseh'n, du stolze Reine.

Hoff auf dieß Herz der andern Frauen eine,
Ihr wäre eitles Hoffen nur beschieden;
Weil ihm, das du verwarfst, auch ich hienieden
Jeglichen Dienst, als sei es mein, verneine.

Verjag' ich's nun, und wird es in dem Leide
Unseel'gen Banns von dir nicht aufgenommen,
Nicht achtend, ob ihm sonst wer Zuflucht giebt;

So könnt' es ganz aus seiner Laufbahn kommen.
Da träfe große Schuld uns alle beide;
Doch größre dich - weil es ja mehr  d i c h  liebt.

 

 

 

Wenn jenes Reis, das Schranken hat gezogen
Dem Zorn des Himmels bei des Donners Tone,
Mir nicht versagte seine hehre Krone,
Die gerne stets die Dichter sich erflogen;

Dann wär' auch ich den Göttinnen gewogen,
Die das Jahrhundert bannt in schnödem Hohne;
Doch jenes Unrecht, das mir ward zum Lohne,
Hat mich Minerven lange schon entzogen.

Denn nicht der Sand Aethiopiens in den Gluthen
Der graden Sonne ist, wie ich, entglommen,
Weil mir so theures eignes Gut entgangen.

Drum such' dir einen Quell von stillern Fluthen;
Da meinem alle Wellen sind genommen,
Nur nicht die Tropfen, die dem Aug' entsprangen.

 

 

 

Gott Amor weinte, und in manchen Stunden
Auch ich, gewohnt auf seinem Pfad zu gehen,
Wie wir erblickt die herben fremden Wehen,
Die deine Seele seinem Band entwunden.

Nun du dich wieder hast zur Bahn gefunden,
Kann mich der Himmel dankbar heben sehen
So Herz wie Hand, weil er der Menschen Flehen,
In Huld gewährend, als gerecht empfunden.

Und wenn du, kehrend zu der Liebe Leben,
Auf deinem Wege Berg und Schlucht getroffen,
Die gern verleideten das schöne Streben;

So lerne draus, wie Dornen oft die schroffen
Und rauhen Bergesstiege dicht umgeben,
Wo wahrem Muth die Schranken stehen offen.

 

 

 

 

Nicht froher ist ein Schiff, wenn es dem Toben
Des Sturms entrann, der schon es überwunden,
Und nun sein Volk, noch bleich von Schreck umwunden,
Am Ufer dankbar kniet, um Gott zu loben;

Nicht froher ist, weß Bande weg gestoben,
Die er an Hand und Nacken schon empfunden,
Wie ich, nun ich das Schwert dir seh' entwunden,
Das gegen Amor du zum Krieg erhoben.

Und Alle, die ihr Lieb' in Liedern ehret,
O weiht der Freundschaft und des Ruhmes Zeichen
Dem holden Sänger, der uns heim gekommen;

Denn größre Freud' ist in der Sel'gen Reichen
Ob einem irren Geist, der sich bekehret,
Als wegen neunundneunzig andrer Frommen.

 

 

 

Der Thronenerbe Karls, werth daß die Krone
Des großen Ahnherrn seine Locken schmücke,
Ergriff die Waffen schon, daß er zerstücke
Der Babel Hörner und was rings ihr frohne.

Und der Statthalter Jesu kehrt, nicht ohne
Talar und Schlüssel, schon zum Sitz zurücke,
Und sieht Bologna, sieht wenn fremde Tücke
Nicht wehret, Rom, die Fürstin jeder Zone.

Besiegt von euerm friedlich zarten Lamme
Ist bald der Wölfe Grimm. So mag's erproben
Wer ab sich löst der Liebe ächtem Stamme.

Drum helft dem Lamme, das den Ruf erhoben,
Hört Roma's Seufzen nach dem Bräutigame
Und sei gewappnet für den Herrn dort oben.

 

 

 

 

Wenn diese schöne Seele, höherm Leben
Frühzeitig zugeführet, uns entschwindet,
Und wie's gebührt, Empfang dort oben findet;
Wird sie zum hehrsten Himmelsraum sich heben.

Will zwischen Venus sie und Mavors schweben;
So bleicht der Sonne Schimmer und erblindet,
Wann ihre Pracht, die Alles überwindet,
Die reinen Geister staunensvoll umgeben.

Läßt sie sich unterm vierten Wohnsitz nieder;
Nur dürftig glänzen dann die andern Zonen;
Doch was  s i e  wählt, hat Ruhm und Jubellieder.

Nicht in der fünften Sphäre kann sie wohnen,
Doch steigt sie höher noch, so siegt sie wieder
Wie Jupiter ob allen Sternenkronen.

 

 

 

Schon flammte, von des Ostens Duft getragen,
Der Liebe Stern; und jener andre rollte,
Dem einst die Eifersucht der Juno grollte,
Am Nordpol seinen schönen Strahlenwagen;

Die Kohlen weckte, die in Asche lagen,
Manch' barfuß Mütterchen, das spinnen wollte;
Die Stunde kam, der oft schon Thränen zollte,
Wer glücklich liebend zürnt dem frühen Tagen.

Da drang zum Herzen mir ein Hoffen wieder,
Das sterbend schien, nicht auf gewohnten Wegen;
Denn Schlaf hielt sie verschlossen, Schmerz befeuchtet.

Ach, wie verändert trat Sie mir entgegen!
Doch sagte sie: Was liegt dein Muth darnieder?
Du siehst die Augen noch, die dir geleuchtet!

 

 

 

Wenn dir, Apollo, noch die Wünsche leben,
Die an Thessaliens Wogen dich durchglühten,
Und du das blonde Haar, der Reize Blüthen,
Im Jahresflug nicht Lethen übergeben;

So säume nicht, vor Reif und Sturmesbeben,
Die oft, wenn sich dein Haupt umhüllet, wüthen,
Dieß ruhmbeglänzte heil'ge Laub zu hüten,
Das dich gelockt, wie's lockt mein Liebestreben.

Und bei der süßen Hoffnung, die im rauhen
Und herben Leben Trost dir zugelächelt,
Laß' nun die nebelfreie Luft erwarmen.

Dann werden wir noch mit Bewundrung schauen,
Wie unsre Herrin sitzt von Grün umfächelt,
Und sich beschattet mit den eignen Armen.

 

 

 

 

Einsam und sinnend meß' ich mit den schwanken
Langsamen Schritten ödeste Gefilde,
Und flüchte scheu den Blick, wenn durch das wilde
Gelände sich der Wandrer Spuren ranken.

Nicht anders schütz' ich mich vor dem Gedanken,
Die Welt durchschaue, was man Leben bilde;
Denn mein Erscheinen ohne Freud' und Milde
Lehrt außen glühend innerstes Erkranken.

So glaub' ich nun, die Wälder und Gestade,
Die Berg' und Ströme wissen, welche Sorgen
Mein Leben lenken, Andrer Blick verborgen.

Doch find' ich nicht so waldig rauhe Pfade,
Daß listig dort nicht Liebe mich befehde,
Und nicht mit dir - und ich mit ihr nicht rede.

 

 

 

 

Wenn durch den Tod ich glaubte, frei zu werden
Vom Liebeswahne, der mich drücket nieder;
Mit eigner Hand hätt' ich die matten Glieder
Und diese Last bestattet längst zur Erden.

Doch weh! in Krieg nur aus den Kriegs Beschwerden,
Von Thränen nur zu Thränen käm' ich wieder;
So bleib' ich halb, dem heißen Wunsch zuwider;
Halb geh' ich weg aus dieser Nacht Gefährden.

Wohl wär' es Zeit, die grause Sehne jage
Den letzten Pfeil, schon purpurroth umschäumet
Von anderm Blut, auch mich hinwegzurauben.

Die Liebe bitt' ich drum und jenen Tauben,
Deß Farben ich im Angesichte trage,
Und der mich zu begehren dennoch säumet.

 

 

 

Wenn Liebe nicht, was ist es, was ich fühle?
Und ist es Liebe, was, um Gott, ist diese?
Wenn gut, wie kommt's, daß tödtlich  h i e r  sie wühle?
Wenn bös, daß Wonne jedem Schmerz entsprieße?

Wenn ich mit Willen glüh', was heisch' ich Kühle?
Wenn  g e g e n , hilft mir's, daß die Thräne fließe?
Lebend'ger Tod, und Luft bei Flammenschwüle,
Wir zwingt ihr mich, wenn ich's nicht selbst erkiese?

Erkies' ich's denn; - so fleuch, rechtlose Klage! -
So treib ich schwankend hin auf schwachem Kahne,
Und steuerlos, vom hohen Meer umsprühet;

So leicht an Wissen und so schwer an Wahne,
Daß selber ich nicht weiß, wonach ich jage;
Im Sommer eisig, Winters heiß durchglühet.

 

 

 

 

In welchen Himmelskreisen und Ideen
Fand die Natur das Urbild, zu gestalten
Dieß schönste Antlitz, das, wie hoch ihr Walten
D o r t  o b e n  reicht,  h i e n i e d e n  lässet sehen?

Wer sah je Göttinnen im Hain, in Seen
Je Nymphen, lockigt Gold so rein entfalten?
Ein Herz je so viel Tugenden enthalten?
Muß auch ob Allem ich im Tod vergehen.

Vergebens sucht und sucht das göttlich Schöne
Wer nie gesehen  i h r e r  Augen Schimmer,
Wenn sie ihn regt von sanfter Hand umfächelt.

Wie Liebe heilt und tödtet, weiß der nimmer,
Der nimmer weiß, wie süß  i h r  Seufzer töne,
Und wie  s i e  lieblich spricht und lieblich lächelt.

 

* Mit Ludwig von Biegeleben

 

 

 

 

O Neid, du Feind von allen guten Dingen,
Begierig nur, die Tugend zu verhöhnen,
Wie schlichst du schmeichelnd doch mit leisen Tönen
Zur schönen Brust, sie düster zu durchdringen?

Mein Glück zu stürzen, konnte dir gelingen;
Zu selig nanntest du mich jener Schönen,
Die sonst von mildem Flehn sich ließ versöhnen,
Und die nun spröder Haß und Zorn bezwingen.

Doch mag Sie gar ob meinem Lächeln weinen,
Und, wenn ich weine, meiner Thränen lachen;
Mir ändern soll Sie der Gedanken keinen.

Ob Ihr mein Tod vieltausendmal beliebe;
Doch eil' ich, Muth und Gluth stets anzufachen,
Und wenn  S i e  dräut, so trotz' ich auf die  L i e b e .