1483 - 1520
In Übersetzungen von:
I.
Süß mahnt das Denken an die
Stunde mich,
Als ich dich fand, und nur mit
bangem Zagen
Schied ich von dir. Wie mir,
so hört’ ich sagen,
Ist wem auf weitem Meer sein
Stern erblich.
O Zunge, sprengr jedes Band
und sprich
Von diesem Leid, das Amor mir
zu tragen,
Zu dulden gab, von unerhörten
Plagen;
Und dennoch dank’ ich ihm und
preise dich!
Sechs Stunden war es, seit die
Sonne schwand,
Da kam die andre vor mir
aufgestiegen;
Wie so ermutigend sie vor mir
stand!
Ich aber mußte meiner Glut
erliegen,
Noch quält sie mich und hält
das Wort gebannt,
Und so in Leiden duld’ ich,
stillverschwiegen.
II.
Wie Paulus wohl den Weg zu
Gott gefunden
Und durfte, was er sah, uns
nicht vertraun:
So hält dies Herz mein Denken
und mein Schaun
Mit einem Liebesschleier fest
umwunden.
Und was geschah, und was ich
auch empfunden,
Ich berg’ es froh in meiner
Brust, und traun!
Eh’ sollten diese Scheitel mir
ergraun,
Eh’ einer mich verräterisch
erfunden.
Nun sieh auf meine Not, sieh,
wie ich zage,
Ob ich mit allem Dienste, dir
geweiht,
Nicht doch umsonst dich zu
bewegen ringe.
Doch hülf’ es, wenn ich bäte,
wenn ich klage:
Zu dir emporzuflehn wär’ ich
bereit,
Bis in der Brust die Sprache
mir verginge.
III.
Du, Liebe, locktest mich mit
Sonnenflammen,
zwei Augen, dran mein Herz zu
schmelzen droht,
Mit Wangen, wie auf Schnee
zwei Rosen rot,
Mit Tönen, die von holden
Lippen stammen.
So glüh’ ich nun, daß Strom
und Meer zusammen
Die Glut nicht löschten, die
mich ganz durchloht:
Doch ist mir wohl in meiner
süßen Not,
Schon lodernd möcht’ ich nur
noch lichter flammen.
Wer war in süßre Bande je
geschlagen,
Als die dein Arm um meinen
Nacken schlingt?
Weh’ um die Stunde, die mich
ihm entringt!
Ich könnte viel von meinen
Wonnen sagen;
Doch weil zu großes Glück
Verderben bringt,
Will ich dich schweigend in
Gedanken tragen.